Kommentar Terrorexperten: Warnen und warnen lassen

Wenn Journalisten nicht wissen, was los ist, gibt es imnmer noch jemanden, den sie fragen können: den Experten, gerne auch den Terrorexperten.

Experte Peter Neumann bei der Expertenarbeit. Screenshot: ard

Erinnert sich jemand an die Experten, die, noch ehe sich in Madrid der Rauch verzogen hatte, genau wussten, dass es die ETA gewesen sein musste? Oder an die Experten, die gleich nach den Schüssen in Oslo erklärten, warum Norwegen weit oben auf der Angriffsliste der Dschihadisten steht? Vergessen?

Dafür gibt’s das Internet. Und das ist nachtragend, man muss es nur fragen: „Der Kontext spricht für die ETA“ (Experte Rolf Tophoven auf Spiegel-Online zu Madrid). Oder: „Ich würde auf al-Qaida tippen und auf den Ursprung Nord-Waziristan“ (Experte Guido Steinberg in der //www.mz-web.de/politik/norwegen-terrorismusexperte-vermutet-alqaida-hinter-anschlag,20642162,17475266.html:Mitteldeutschen Zeitung zu Oslo).

Natürlich waren und sind derlei Expertenexpertisen stets verbunden mit Formulierungen wie „sehr wahrscheinlich“, „vermutlich“, „spricht dafür“, wie man sich eben so alle Hintertüren offen hält, um sich nicht hinterher auf eventuelle Irrtümer festnageln zu lassen. Damit man auch morgen noch kraftvoll Bescheid wissen kann.

Nach dem Anschlag in Paris hatte Premium-Experte Peter Neumann (40), der inzwischen zum Cristiano Ronaldo des deutschen Expertenwesens avanciert ist, jeder Zeitung und jedem Sender erläutert, dass dafür nur der Islamische Staat oder die „altgediente al-Qaida“ infrage komme.

Nun, wo sich diese Arschfressen aus dem Jemen dazu bekannt haben, schreibt Neumann in der Printausgabe des Focus: „Al-Qaida weiß: Wenn sie die Initiative zurückgewinnen will, muss sie mit spektakulären Anschlägen im Westen auf sich aufmerksam machen. Die jemenitische Filiale, al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP), arbeitet daran mit Hochdruck. […] Die amerikanischen Geheimdienste warnen deshalb immer wieder vor Attentaten der AQAP.“

Warnen und warnen lassen – Experte müsste man sein. Oder Journalist, der immer einen Experten fragen kann, wenn er nicht mehr weiter weiß.

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Von Juli 2007 bis April 2015 bei der taz. Autor und Besonderer Redakteur für Aufgaben (Sonderprojekte, Seite Eins u.a.). Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2011. „Journalist des Jahres“ (Sonderpreis) 2014 mit „Hate Poetry“. Autor des Buches „Taksim ist überall“ (Edition Nautilus, 2014). Wechselte danach zur Tageszeitung Die Welt.

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