Kommentar Umweltpolitik: Her mit der neuen Erzählung!

Die Umfragewerte der SPD sind im Keller. Eigentlich eine gute Gelegenheit, in Sachen Umwelt auf postfossile Energien umzustellen.

Svenja Schulze und Miguel Canete.

Du, hömma: Svenja Schulze versucht, den EU-Umweltkommissar Miguel Canete zu bearbeiten Foto: dpa

16.100, 5.400, 14 – welche Zahl passt nicht in diese Reihe? Gemeine Frage, so richtig haben sie nichts miteinander zu tun, aber irgendwie doch. 16.100 Ladepunkte für Elektroautos gibt es nämlich in Deutschland, ein deutlicher Zuwachs. 5.400 Kilometer Schienenstrecke hat die Bahn in den vergangenen 25 Jahren stillgelegt. Und bei 14 Prozent ist die SPD inzwischen in Wahlumfragen angekommen.

14 Prozent, da könnten die Sozialdemokraten doch mal anfangen, kreativ zu brainstormen. Und dabei auf die Idee kommen: Wir, die stolze Partei der Arbeiter in der fossilen Industrie – in den Auto-, Kohle-, Chemiekonzernen –, brauchen nun, am Ende des fossilen Zeitalters, eine neue Erzählung. Eine postfossile quasi. Denn zwar werden angesichts der wachsenden Weltbevölkerung, des Zuges der Menschen in die Städte und des Klimawandels fossile Rohstoffe wie Öl und Kohle schneller verschwinden als gedacht. Autos mit Verbrennungsmotoren oder Kohlekraftwerke sind schneller Schnee von gestern, als die Bundesregierung „Ausstiegsdatum“ buchstabieren kann.

Aber die Fragen der postfossilen Wirtschaft sind haargenau die gleichen, die die Sozialdemokraten schon ihre ganze, lange Geschichte begleiten. Was bedeutet gute Arbeit? Wie kann die Teilhabe von Belegschaften an Unternehmensentscheidungen organisiert werden? Wie lässt sich Wohlstand gerecht verteilen? Wie können Menschen mit geringer Qualifizierung teilhaben an der hohen Wertschöpfung in High-Tech-Firmen? Allerdings, und hier kommt der Zahlensalat vom Anfang ins Spiel: Die beschriebenen Mega­trends Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und Klimawandel erfordern neue Technologien und Konzepte.

Erneuerbare Energien und Rohstoffe in der Industrie, weniger Tierhaltung und Tierfutterproduktion in der Landwirtschaft, ein nachhaltiger Konsum durch lange Nutzung und Mehrweg. Mehr Bahn, mehr Fahrrad, weniger Auto. Die SPD müsste sich nur das Verkehrs- und das Landwirtschaftsministerium schnappen und nachhaltige Politik für die Zukunft machen. Und schon könnte man wieder mit ihr rechnen.

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Jahrgang 72, schreibt über Rohstoffthemen, Chemie und gerne auch den Wald. (Mit-)Autorin verschiedener Bücher, zuletzt eine Stoffgeschichte über Seltene Erden.

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