Kommentar VW-Strategie: Neuer PR-Sprech aus Wolfsburg

VW-Chef Müller basht den Autolobbyisten Matthias Wissmann. Er macht es sich dabei zu einfach und lenkt von eigenem Versagen ab.

Ein Mann vor dem VW-Logo

Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, bei einer Automesse in Detroit Foto: dpa

In den USA hätte VW-Chef Matthias Müller Weihnachten wahrscheinlich – wie zwei seiner Manager – im Gefängnis verbracht. Da verwundert es schon, wie der Chef des weltgrößten Autobauers den Chef seines Branchenverbands nun via Interview mit einem Tritt in den Hintern in den Ruhestand befördert.

Es geht um Matthias Wissmann. Kohls seinerzeitiger Verkehrsminister ist seit zehn Jahren Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA) – und hat seinen Job eigentlich ausgezeichnet gemacht: Er agierte als Buhmann und größtmöglicher Speichellecker der betrügerischen Branche. Trotz Dieselgate argumentierte Wissmann, wegen verpesteter Innenstädte müsse man sich in Deutschland keine Sorgen machen, die Luft sei „besser denn je“. Er redet den Dieselskandal auch noch in seinem dritten Jahr klein – und lobbyierte in Berlin und Brüssel erfolgreich gegen eine nachhaltige Mobilitätspolitik.

Im 600 Mitglieder starken VDA ist der Unmut gegen Wissmann dennoch seit Langem groß – der 68-Jährige geht auch in wenigen Monaten in Rente. Müllers Wissmann-Bashing ist deshalb kinderleicht. Wirklich schwer ist es für die Branche, etwas zu beschönigen. Der CO2-Ausstoß im hiesigen Verkehr ist höher als 1990, den Umstieg zu wettbewerbsfähigen und ökologischen Verkehrskonzepten hat die Industrie systematisch verpennt. Im Ernst: Wann haben Sie zuletzt darüber nachgedacht, sich ein Auto made in Germany zu kaufen? Noch nie? Kein Wunder, die gelten als teuer, unsexy – und viel zu schmutzig.

Und so reiht sich die Äußerung Müllers wohl in ein neues PR-Sprech ein, das nach neuer Wolfsburger Nachdenklichkeit klingen soll. Von der FDP musste sich der VW-Mann sogar als „Diesel-Judas“ titulieren lassen, weil er die Steuervorteile für Diesel angezweifelt und eine Umweltplakette gefordert hatte, die Stinker aus den Citys aussperrt. Noch sind das alles nur Binsen. Hoffentlich macht VW daraus das Auto der Zukunft.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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