Kommentar Wahl im Kosovo: Gescheitert

Die Lokalwahlen im Nordkosovo sind gescheitert. Serbische Nationalisten haben es geschafft, sie zu torpedieren - ein schlechtes Zeichen für die Gesamtregion.

Gegen die Propaganda der serbischen Nationalisten war nur schwer anzukommen. Bild: reuters

Die serbischen Radikalen in Nordkosovo haben es geschafft. Mit Terror und Gewalt gegen Abstimmungswillige haben sie die Kommunalwahlen im Kosovo nachhaltig gestört. Von regulären Wahlen kann also keine Rede mehr sein. Der international abgestimmte Plan, auch die serbische Bevölkerung im Nordkosovo in das politische System des Staates Kosovo zu überführen, ist damit erst einmal gescheitert.

In Belgrad, Brüssel, Pristina aber auch Berlin dürfte man jetzt ratlos sein. Es waren weitgehende Konzessionen an die serbischen Nationalisten im Norden des Landes gemacht worden. Alle serbischen Gemeinden Kosovos wurden mit weitgehenden Selbstverwaltungsrechten ausgestattet - im Süden profitiert die serbische Minderheit schon länger davon. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Serben Kosovos zu den privilegiertesten Minderheiten in Europa gehören. Allerdings mussten diese Konzessionen der kosovoalbanischen Führung in langen Verhandlungen abgerungen werden.

Aber auch Belgrad musste Zugeständnisse machen. Zwar brauchte Belgrad den Staat Kosovo noch nicht diplomatisch anzuerkennen, aber die direkten Verhandlungen mit Pristina stellten eine Vorform dazu dar. Ziel war es, auch den serbisch dominierten Norden des Landes in das System des unabhängigen Kosovos zu überführen, und es gleichzeitig Serbien zu ermöglichen, Verhandlungen über den Eintritt in die EU zu führen.

Doch was jetzt? Wie konnte es angesichts der Präsenz von Eufor-Truppen und der internationalen Polizei im Kosovo möglich sein, dass maskierte Männer Wahlwillige malträtierten und Urnen klauten? Die serbische Polizei war jedenfalls überfordert. Wieder einmal entpuppte sich die mit vielen Milliarden Steuergeldern finanzierte internationale Macht in Kosovo als Papiertiger.

Den Ausgang dieser Wahlen anzuerkennen, ist somit unmöglich. Schon seit Wochen wurde die Bevölkerung im Norden systematisch eingeschüchtert; aber auch in den südlichen serbischen Enklaven machten die Radikalen Druck. Eine Wiederholung der Wahlen dürfte unvermeidlich sein. Dann müssten aber die Wahlorte und Wahlwilligen besser beschützt werden.

Angesichts der Präsenz der Geheimdienste und ihrer Möglichkeiten ist es nicht vermessen, zu behaupten, dass die für die Übergriffe Verantwortlichen längst bekannt sind. Da auch Serbien ein Interesse an einer friedlichen Lösung der Konflikte in der Region hat, führt kein Weg daran vorbei, die Schuldigen dingfest zu machen.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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