Kommentar Wahl in Afghanistan: Verlierer sind die Taliban

Auch wenn das Wahlergebnis noch nicht feststeht: Die Afghanen haben sich von den Taliban nicht einschüchtern lassen.

Sonntag in Jalalabad, östlich von Kabul: Wahlurnen werden zur Auszählung gebracht. Bild: ap

Der Enthusiasmus war ansteckend. Trotz Regens harrten am Sonnabend Millionen AfghanInnen stundenlang ihrer Chance zu wählen. Die Wahlbeteiligung, zumindest in den Städten, war höher als erwartet. Wahllokalen in mindestens einem Drittel der 34 Provinzen gingen die Stimmzettel aus.

Das kann aber auch ein Zeichen dafür sein, dass viele schon zweckentfremdet wurden. Es wird Wochen dauern, bis es ein vollständigeres Bild vom Wahltag gibt, auch aus den ländlichen Gebieten.

Auch wenn der Wahlsieger noch nicht feststeht – Verlierer sind die Taliban. Entgegen ihrer Ankündigung gelangen ihnen keine spektakulären Angriffe, auch wenn sie in einigen Distrikten die Stimmabgabe unterbinden konnten. Vor allem für die städtische Jugend, eine bedeutende Wählergruppe, war es eine Trotzwahl. Sie reagierte auf die 39 Selbstmordanschläge, die die Aufständischen allein in den letzten zwei Monaten verübten. Viele junge Afghanen twitterten gestern Fotos mit von Wahltinte gefärbten Mittelfingern.

Aber der Enthusiasmus und die unerwartet hohe Wahlbeteiligung übersetzen sich nicht automatisch in mehr Einfluss des jungen Wahlvolkes auf das in Afghanistan herrschende Patronagesystem, an dem alle acht Präsidentschaftskandidaten zumindest zeitweilig partizipiert haben.

Eines jedoch ist klar: Die Jungen, die in den letzten zwölf Karsai-Jahren trotz aller Probleme die Luft der Freiheit geschnuppert haben, wollen, dass ihre Stimme nicht nur gezählt wird, sondern zählt. Dabei sollten ihnen die demokratischen Staaten helfen, indem sie beim neuen Präsidenten auf die Reformen drängen, die Karsai nicht umgesetzt hat. Demokratie ist, was zwischen den Wahlen passiert. Dann könnte Afghanistan die Aufmerksamkeit schon wieder fehlen, die es zum Wahltag noch einmal genoss.

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