Kommentar Wahl in Finnland: Ein Sieg mit bitterem Beigeschmack

Die Sozialdemokraten gehen als stärkste Partei aus der Wahl hervor. Der Vorsprung zu den Rechtspopulisten ist aber leider nicht groß.

Ein Mann hält ein Mikro in der linken Hand und streckt die andere Faust nach oben. Neben ihm steht eine Frau und klatscht in die Hände.

Antti Rinne, Chef der finnischen Sozialdemokraten SDP feiert seinen Sieg Foto: ap

Man kann es positiv sehen: Von den sechs größten Parteien Finnlands gewannen bei der Parlamentswahl am Sonntag mit den Sozialdemokraten, Grünen und Linken die drei linken Parteien und legen zusammen 5,2 Prozent zu. Verlierer sind die drei rechten Parteien, die gleichzeitig um 8,6 Prozent schrumpfen. Und zum Wahlsieger dürfen sich die Sozialdemokraten mit ihrem Vorsitzenden Antti Rinne ausrufen. Das gibt es in Europa ja nicht mehr so oft. Auch in Finnland ist es 20 Jahre her, dass diese Partei zuletzt einmal die meisten Stimmen erhalten hatte.

Was bei den Wahlsiegern die Freude über diesen Erfolg schon in der Wahlnacht erheblich dämpfte, war das unerwartet gute Abschneiden der Rechtspopulisten. Nicht einmal 7000 Stimmen mehr und Jussi Halla-aho, ein wegen Volksverhetzung vorbestrafter Parteivorsitzender, hätte triumphieren können. Weder eine chaotische Parteispaltung noch ein zusätzlicher Rechtsruck konnten den von ihm geführten „Wahren Finnen“ letztendlich schaden.

Vielmehr bewiesen sie, dass es des Flüchtlingsthemas gar nicht einmal mehr bedarf, um im vermeintlich „glücklichsten Land der Erde“ zweitstärkste Partei werden zu können. Die anderen Parteien wurden offenbar recht unvorbereitet davon überrascht, wie die Verbündeten von AfD & Co von der angeblich „hysterischen Klimadebatte“ und den Sorgen vieler WählerInnen über die möglichen Kosten klimapolitischer Maßnahmen profitieren konnten. Die Europawahl lässt da vermutlich schon mal grüßen.

Hoffentlich wurde die Botschaft verstanden. Wenn man beispielsweise, so wie die finnischen Sozialdemokraten es getan haben, nur aufzählt, was man zum Erreichen der Klimaziele alles ändern möchte, aber bei der Frage nach den Kosten keine genauere Antwort parat hat – frei nach dem Motto, die Kosten würden schon irgendwie „gleichmässig und gerecht verteilt“ werden –, dann ist das ganz einfach zu wenig, um der Unruhe zu begegnen, von der die „Wahren Finnen“ nun profitieren konnten.

Angaben in Prozent:

■ Sozialdemokraten: 17,7

■ „Wahre Finnen“/ „Die Finnen“: 17,5

■ Sammlungspartei: 17

■ Zentrumspartei: 13,8

■ Grüne: 11,5

■ Linkspartei: 8,2

■ Weitere: 14,3 insgesamt; mehr Details hier.

Die finnischen Sozialdemokraten haben die Wahl vor allem gewonnen, weil sie die einzige Alternative zur bisherigen Rechtskoalition, deren Abbau des Sozialsstaats und ihrem neoliberalem „Reform“-Kurs waren, der Beschäftigten wie Arbeitslosen und Rentnern das Leben deutlich schwerer gemacht hat. Fragt sich nur, wo sie nun die parlamentarische Mehrheit zur Verwirklichung des von ihnen versprochenen Kurswechsels hernehmen wollen. Die von ihnen geführte Regierung wird aber liefern müssen, wenn sich beim nächsten Mal nicht tatsächlich ein „Wahrer Finne“ zum Wahlsieger ausrufen können soll.

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