Kommentar linke Parteispaltung in Italien: Großer Schaden für „Renzismus“

Nach dem Austritt linker Kritiker aus der Partito Democratico dürfte Italien statt zum Reformmotor wieder zum Sorgenkind Europas werden.

ein Mann spricht in zwei Mikrofone

Hat Renzis Partito Democratico verlassen: Exparteichef Pierluigi Bersani Foto: ap

Kein bisschen betrübt zeigte Matteo Renzi sich darüber, dass das Gros seiner linken Gegner sich von der Partito Democratico (PD) abgespalten hat. Endlich, so glaubt Renzi wohl, ist er lästige Störenfriede los und kann in Italiens größter Regierungspartei in Zukunft ungestört das Zepter schwingen.

Gut möglich, dass es so kommt, dass Renzi die Urwahlen zum Parteichef am 30. April klar gewinnt und dann zum Beispiel die Kandidatenlisten für die spätestens im Februar 2018 anstehenden Parlamentswahlen ganz nach eigenem Gusto zusammenstellen kann, mit ihm treu ergebenen Gefolgsleuten. Dennoch hat der Florentiner Politiker wenig Grund zu Zufriedenheit. Denn das politische Überleben Renzis mag gesichert sein – doch der „Renzismus“ als politisches Projekt nimmt mit der jetzt vollzogenen Parteispaltung weiteren, kaum zu behebenden Schaden.

Die PD zur das Land dominierenden Partei machen, mit Verfassungs- und Wahlrechtsreform dafür sorgen, dass er in Zukunft ungehindert durchregieren könne, auf dieser Basis die Rolle Italiens in Europa deutlich zu stärken: Hierin bestand Renzis Projekt. Und hiervon bleibt so gut wie nichts übrig.

Denn Italiens nächstes Parlament wird voraussichtlich nach reinem Proporz gewählt, nachdem das Verfassungsgericht Renzis Wahlrechtsreform verworfen hat. Absolute Macht in der eigenen Partei wird ihm dann nichts mehr nützen – die Regierung, ob unter seiner Führung oder nicht, wird schwach, ja womöglich weitgehend handlungsunfähig sein, denn fast 50 Prozent der Wähler werden für die euroskeptischen bis EU-feindlichen Listen der Fünf Sterne oder der Lega Nord votieren.

Damit kann Renzi eines seiner Hauptziele zu den Akten legen: Italien wieder eine Stimme in Europa zu verschaffen und es zum Gegengewicht des übermächtigen Deutschland zu machen. Statt zum Reformmotor dürfte der Stiefel nun wieder zum Sorgenkind Europas werden.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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