Kommentar rechtswidrige Verwahrung: Eher zu wenig

Mehr als acht Jahre waren die Kläger unrechtmäßig eingesperrt. Eine Entschädigung für diese Zeit von 500 Euro pro Monat ist eigentlich noch viel zu wenig.

Dieses Urteil wird in den üblichen Medien Empörung ernten. Vier Vergewaltiger werden nicht nur aus dem Gefängnis entlassen, sondern bekommen auch noch Zehntausende Euro Schadensersatz. „Irre Justiz“ ist das übliche Schlagwort. Doch das Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist völlig berechtigt, die Entschädigung eher zu niedrig.

Es ging nämlich nicht um die berechtigte Strafe für die Männer. Diese saßen wegen der Vergewaltigungen bis zu 15 Jahren im Gefängnis und haben die Strafe voll verbüßt. Auch für jeweils zehn Jahre Sicherungsverwahrung bekommen sie keinen Cent.

Nur für die darüber hinausgehende Zeit in der Verwahrung werden sie entschädigt. Acht bis zwölf Jahre lang saßen sie rechtswidrig im Gefängnis. Jeder kann sich ausmalen, was das heißt.

Das Landgericht hat den Männern nun 500 Euro für jeden Monat rechtswidriger Sicherungsverwahrung zugesprochen. Viel ist das nicht. Wer unschuldig in Strafhaft saß, bekommt mehr, rund 750 Euro pro Monat, und auch das ist angesichts des Verlusts an Freiheit noch lächerlich wenig.

Nur zum Vergleich: Der Bundesgerichtshof hat am Montag einem Klinikchef, dessen Vertrag nicht verlängert worden war, mehr als 36.000 Euro Schmerzensgeld wegen Altersdiskriminierung zugesprochen.Dabei fand der Mann nach wenigen Monaten eine neue gut dotierte Stelle. Da stimmen die Proportionen offensichtlich nicht.

Andererseits ist auch an die Opfer der Vergewaltigungen zu denken. Wenn diese damals nicht vorsorglich von den verurteilten Tätern Schadensersatz verlangt haben, sind ihre Ansprüche heute vermutlich verjährt.

Die damaligen Vergewaltiger könnten den unerwarteten Geldsegen also behalten. Sie sollten ihn dennoch freiwillig größtenteils an ihre damaligen Opfer abgeben. Auch das hat etwas mit Proportionen zu tun.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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