Kommentar Antidiskriminierungsurteil: Wegweisender Richterspruch

Ein öffentliches Hamburger Wohnungsunternehmen hat Bewerber nach Namen sortiert. Endlich gibt es ein Machtwort gegen strukturellen Rassismus.

Die Fassade eines grauen Hochhauses

Das städtische Hamburger Wohnungsunternehmen Saga/GWG hat wegen eines türkisch klingenden Nachnamens diskriminiert Foto: dpa

Das Urteil könnte Geschichte schreiben, obwohl es doch eigentlich so selbstverständlich klingt. Eine Wohnungssuchende darf wegen eines türkisch klingenden Namens nicht von vornherein von der Interessenliste für eine Wohnung gestrichen und damit von der Vergabe einer Mietwohnung ausgeschlossen werden.

Doch was so selbstverständlich klingt, ist in der Realität längst keine Selbstverständlichkeit, wie Antidiskriminierungsberatungsstellen wissen. Es gibt viele Menschen, die wegen ihres Namens, ihrer Hautfarbe oder ihrer Sprache oder Religion diskriminiert und benachteiligt werden.

Da nützt auch kein Grundgesetz, wonach ja jeder Mensch vor dem Gesetz gleich ist, und selbst das allgemeine Gleichheitsgesetz, extra nach den Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union geschaffen, um Benachteiligung zu verhindern, lässt offensichtlich durch Advokaten Interpretationen zu, weil der deutsche Gesetzgeber offenkundig diese Missinterpretationen nicht gänzlich ausschließen wollte. Zumindest wurde wegen der Benachteiligung bei der Wohnungsvergabe in der Vergangenheit wenig geklagt, auch, da eine Diskriminierung schwer nachzuweisen ist.

Daher ist es gut, dass jetzt das Amtsgericht Hamburg-Barmbek erstmals bei einem solch offensichtlichen Fall von Diskriminierung den Sachverhalt klargestellt und ein Machtwort gesprochen hat. Bezeichnenderweise ist die Beklagte die städtische Wohnungsbaugesellschaft Hamburg, die Saga/GWG, ein Unternehmen, bei dem Diskriminierung durch struktureller Rassismus eigentlich ein Tabu sein sollte.

Von Antidiskiminierungsberatungsstellen wird dieses Urteil als wegweisend gewertet. Bleibt zu hoffen, dass die Wohnungswirtschaft diesen Warnschuss verstanden hat und das Urteil vielleicht vielen Mut gibt, gegen eine Benachteiligung vor Gericht zu ziehen. Und der rot-grüne Senat hat nun die Aufgabe, ihr Wohnungsunternehmen anzuweisen, diskriminierenden Praktiken wie die Benachteiligung ausländisch klingender Namen schleunigst einzustellen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.