Kommentar Blockupy: Gewollte Bilder der Gewalt

In Frankfurt hebelte die Polizei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus. Das ist nicht nur unverhältnismäßig, das ist eine Frechheit.

Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz in Frankfurt/Main. Bild: dpa

Die Bilder der von friedlichen Demonstranten umzingelten Europäischen Zentralbank (EZB) sollten ein Signal sein an den Rest Europas. Sie sollten zeigen: Seht her, die Menschen in Deutschland sind solidarisch mit den Protesten gegen die deutsch-europäische Krisenpolitik.

Die Frage schien nur, ob Blockupy dafür genügend Leute mobilisieren kann. Über zehntausend Demonstranten, die am Samstag nach Frankfurt kamen, waren genug. Dennoch gibt es die erhofften Bilder nicht, denn die Polizei stoppte unter dem Einsatz massiver Gewalt die Demonstration – noch bevor die EZB in Sichtweite war.

Die Bilder, die dadurch hinaus in die Welt gehen, sprechen eine andere Sprache: Seht her, in Deutschland gilt Demonstrationsfreiheit nur, wenn sie den Herrschenden genehm ist.

Die Polizei suchte förmlich die Nadel im Heuhaufen. Wegen ein paar in die Luft geschossener Leuchtraketen prügelte sie auf friedliche Kapitalismuskritiker ein, löste faktisch eine überregional bedeutende und gerichtlich erlaubte Demonstration auf und hebelte das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus. Das ist nicht nur unverhältnismäßig, das ist eine Frechheit.

Während der Blockupy-Proteste in Frankfurt sind 21 Polizisten verletzt worden. Nach Behördenangaben vom Sonntag wurde eine Polizistin von einem Pflasterstein getroffen. Ein Beamter erhielt einen Schlag in den Unterleib und wurde ins Krankenhaus gebracht. Nach Darstellung von Blockupy wurden mindestens 200 Demonstranten verletzt, die meisten durch Pfefferspray. Unter den Verletzten waren auch mehrere Journalisten. Zudem gab es auch einige Schwerverletzte. Insgesamt wurden nach Polizeiangaben 45 Menschen festgenommen. (dpa/taz)

Doch die eigentliche Verantwortung für diesen Einsatz trägt die Politik. Einiges deutet darauf hin, dass diese Aktion von langer Hand geplant und durch das hessische CDU-Innenministerium gebilligt, wenn nicht gar angeordnet wurde. Letztlich spielt es aber keine Rolle, wer wann seine Finger im Spiel hatte: Der oberste Dienstherr der hessischen Polizei ist der Innenminister Boris Rhein – er trägt die politische Verantwortung für diesen Skandal.

Bereits im letzten Jahr, als die Stadt Frankfurt fast alle Veranstaltungen von Blockupy verboten hatte, wurden am Main Grundrechte ausgehebelt. Eine solche Verbotsorgie konnten sich die Behörden wegen des enormen medialen Drucks nicht nochmal erlauben. Sie haben einen anderen Weg gefunden, die ihnen unliebsamen Bilder zu verhindern.

Dadurch wird erneut kaum über die Inhalte des Protests gesprochen. Freuen sollten sich Politiker und Polizei darüber nicht. Sie sollten sich schämen. Denn nun sind es die Bilder von Polizeigewalt, die überall zu sehen sind. Doch das dürfte den Verantwortlichen ganz recht sein – leider. Denn die Botschaft, die andere europäische Staaten zum nachahmen veranlassen soll, ist klar: Protest ist unerwünscht – und wird notfalls niedergeknüppelt.

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Jahrgang 1984, ist Autor der taz in Frankfurt. Bereits seit Kindertagen spielt er gern mit Worten. Hat deshalb Philosophie studiert (und Mathematik). Nach Stationen bei Radio (Spaß) und Fernsehen (Öffentlich-Rechtlich) schreibt er ein Buch (Grundeinkommen) und berichtet seit mehreren Jahren für die taz, die Frankfurter Rundschau, Zeit Online, den Freitag, das Neue Deutschland und verschiedene Lokalzeitungen über das politische Zeitgeschehen, soziale Bewegungen, gesellschaftlichen Stillstand, Medien, Fußball und über diejenigen, die sonst keine Stimme bekommen.

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