Komplizenschaft mit Nazis: Rocker auf rechter Spur

Knapp jeder zehnte Motorradrocker in Brandenburg zählt zur rechten Szene, sagt die Landesregierung. Auch in Berlin gibt es enge personelle Verflechtungen, vor allem in Schöneweide.

Rocker? Nazis? Bild von einer Polizei-Razzia gegen Bandidos im brandenburgischen Hennigsdorf. Bild: dpa

Brandenburgs SPD-Generalsekretär Klaus Ness warnt vor Verbindungen zwischen Nazis und der kriminellen Rockerszene in Brandenburg. „Diese Verflechgungen sind in einzelnen Regionen vorhanden, und sie führen zu einer ernsten Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, sagt der Politiker, der gleichzeitig Rechtsextremismusexperte der SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag ist. „Sie könnten zur Folge haben, dass die Rechtsextremen ihr Gewaltpotenzial deutlich steigern.“ Ness denkt etwa an die Anschläge von Rechten auf die Lokalredaktion der Lausitzer Rundschau in Spremberg Ende April sowie an die Aufmärsche der kürzlich verbotenen Kameradschaft „Spreelichter“.

Ness bezieht sich auf eine Antwort der Landesregierung auf seine parlamentarische Anfrage. Sie räumt darin Kontakte zwischen Rechtsextremisten und Rockern ein. Das rechte Szenekonzert im April in einem Clubhaus der Bandidos MC in Lauchhammer war demnach kein Einzelfall. Das Innenministerium listet 16 Rechtsrockkonzerte in Rockerheimen seit 1997 auf und räumt ein, dass die Liste unvollständig sein könnte, weil ältere Unterlagen nicht mehr vollständig vorhanden seien. Klaus Ness selbst kann die Liste um zwei Auftritte von rechten Bands ergänzen.

Musiker und Biker

Mindestens 25 Rechtsextremisten sind laut Verfassungsschutz gleichzeitig Mitglieder von Rockerclubs. Bei rund 300 Rockern in Brandenburg ist das immerhin ein Anteil von fast 10 Prozent Rechtsextremisten in den Clubs. Ein Mitglied der Rechtsrockband „Frontalkraft“ sei gleichzeitig Mitglied in der Rockergruppe Gremium MC Spremberg und verbinde die Auftritte seiner Band mit Aktivitäten im MC, wie die Landesregierung schreibt.

Kontakte zwischen beiden Szenen, die über eine Doppelmitgliedschaft hinausgehen, bestehen vor allem in Südbrandenburg. Hier haben Rechte laut Verfassungsschutz Kontakte zu den Rockerclubs Bandidos MC Lauchhammer, Gremium MC Spremberg, Berserker MC Spremberg, Calavera MC Lauchhammer, Bones MC sowie Bikerclub HD Legion Ost. Aber auch in Potsdam, Frankfurt (Oder), Beeskow und Wünsdorf kennt der Verfassungsschutz solche Kontakte.

Trotz dieser umfangreichen personellen Überschneidungen spricht die Potsdamer Landesregierung allerdings von Einzelfällen. Für eine strategische und operative Zusammenarbeit gebe es beim Verfassungsschutz keine Erkenntnisse, schreibt sie in der Antwort auf die Anfrage. Und fügt hinzu: „Grundsätzlich reklamieren Rockerclubs, unpolitisch zu sein.“

Kritik von der SPD

SPD-Generalsekretär Klaus Ness sieht das anders. „Diese grundsätzliche Einschätzung der Landesregierung widerspricht den vielen Fakten, die sie selbst in der achtseitigen Antwort auf meine parlamentarische Anfrage einräumt. Das dürfen wir nicht verharmlosen.“

Auch in Berlin räumte die Innenverwaltung im März auf eine Anfrage der Grünen Clara Herrmann personelle Überschneidungen zwischen Rechten und Rockern ein. Die bestünden vor allem in der Neonazihochburg Schöneweide, wo auch der Rockerclub Gremium MC zu Hause ist. Genau wie in Brandenburg spricht die Innenverwaltung auch in Berlin lediglich von einzelnen und zufälligen Überschneidungen.

Für den Rechtsextremismusexperten der Linken, Hans Erxleben, ist das „eine Verniedlichung“. Auch wenn Gremium MC im Schatten des Berliner Rockerkrieges zwischen Hells Angels und Bandidos stehe, dürfe man das nicht herunterspielen, fordert er: „Wer mit offenen Augen durch Schöneweide geht, sieht eine enge Verflechtung zwischen beiden Szenen. Das kann zu einer weiteren Gewaltbereitschaft der rechten Szene führen und eine Gefahr für die ganze Stadt werden, wenn nicht darüber hinaus.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.