Konflikt im Westjordanland: 539 Häuser mit Bulldozern zerstört

Palästinensische Gebäude werden vermehrt abgerissen. Mahmud Abbas fordert eine UN-Resolution gegen den israelischen Siedlungsbau.

Ein Neubaugebiet in einem Dorf

Es geht auch anders: In Neve Shalom/Wahat al-Salam leben Palästinenser und Israelis friedlich zusammen Foto: dpa

JERUSALEM taz | Ein Klettergerüst aus Holz und dicken Stricken sowie drei Wohnhäuser sind die letzten Objekte der von Israels Militär seit Anfang des Jahres forcierten Zerstörungen in den besetzten Palästinensergebieten. Ohne Ankündigung, so berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur Maan, kamen die Bulldozer am Dienstag zum Kinderspielgelände Saatara bei Nablusim, Westjordanland, um die Spielanlagen abzureißen, die erst im vergangenen Jahr mit Spenden aus Belgien errichtet worden waren.

Dieses Jahr sind 539 Bauten israelischen Bulldozern zum Opfer gefallen, wie die UN-Koordinierungsstelle Ocha (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) berichtet. 800 Menschen wurden obdachlos. Ende vergangener Woche verloren laut Ocha an einem einzigen Tag 124 Palästinenser, die Hälfte davon Kinder, ihr Heim.

Fast alle Abrisse fanden in der sogenannten C-Zone statt, den rund 60 Prozent der Palästinensergebiete, die bis heute unter voller Kontrolle Israels stehen. Laut Osloer Friedensabkommen hätten die Gebiete bis spätestens 1998 unter palästinensische Souveränität gestellt werden sollen.

Die Rückschläge im Dialog zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und der Stillstand im Friedensprozess seit sieben Jahren lassen israelische Koalitionspolitiker inzwischen offen eine Annektierung der C-Zone fordern. Baugenehmigungen für die palästinensische Bevölkerung sind hier die große Ausnahme, gleichzeitig treibt die konservative Regierung unter Benjamin Netanjahu die Ausbreitung israelischer Siedlungen voran.

Fast 700 Siedler-Neubauten

Eine 250-Prozent-Steigerung bei der offiziellen Planung von Neubauten für Israelis in den Palästinensergebieten beobachtet die Friedensorganisation Peace Now. In einer am Dienstag veröffentlichten Pressemeldung berichtet die Organisation über fast 700 Neubauten seit Anfang des Jahres im Vergleich zu nur knapp 200 im ersten Quartal 2015.

Die Neubauten seien, wie es in der Mitteilung heißt, „im gesamten Westjordanland und speziell in isolierten Siedlungen“ geplant. „Jedes einzelne Verbrechen Israels“, so kommentierte PLO-Generalsekretär Saeb Erikat die jüngste Welle der Häuserzerstörungen, werde „dokumentiert und an die relevanten internationalen Einrichtungen, darunter der Internationale Strafgerichtshof, weitergeleitet“.

Fast alle Abrisse finden in der von Israel kontrollierten C-Zone statt

Noch in diesem Monat will Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im UN-Sicherheitsrat eine Resolution einbringen und die sofortige Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen vorantreiben, die auf ein Jahr beschränkt sein sollen. Am Dienstag trat Abbas eine Reise in mehrere Länder an, darunter auch Deutschland.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.