Kontamination durch Chlorverbindung: Gefährliche Altlasten des Bergbaus

Im Saarland will der Bergbaukonzern RAG leere Zechen fluten. Die Grünen fürchten, dass dabei Hochgiftiges ins Trinkwasser gelangt.

Die Letzte wird bald schließen: Insgesamt gab es 152 Steinkohlezechen an Saar, Rhein und Ruhr. Bild: dpa

SAARBRÜCKEN taz | Bei der geplanten Flutung leer stehender Steinkohlezechen Grünen im Saarland könnten gefährliche Mengen der hochgiftigen Chlorverbindung PCB in die Umwelt gelangen. Das befürchten die dortigen Grünen. Sie werfen der Landesregierung vor, die Bürger über diese Gefahren aus den Altlasten des Steinkohlebergbaus im Unklaren zu lassen. Bei der Landtagssitzung am heutigen Mittwoch verlangen sie Auskunft darüber, in welchen Kommunen schon Teilflutungen geplant sind.

„Die Landesregierung spielt mit gezinkten Karten“, sagte Hubert Ulrich, Fraktionsvorsitzender der saarländischen Grünen. Sie schaffe Fakten, ohne dass klar sei, welche Gefahren damit verbunden seien.

Insgesamt gab es 152 Steinkohlezechen an Saar, Rhein und Ruhr, die letzte wird bald schließen. Um die Kohle abbauen zu können, musste permanent eindringendes Grundwasser aus den Gruben abgepumpt werden. Auch jetzt laufen die Pumpen weiter. Weil das teuer ist, wolle der Bergbaukonzern RAG sie abstellen und die Stollen volllaufen lassen, so Ulrich.

Wenig Vertrauen in Gutachten

Das Problem: In den Zechen befinden sich noch gefährliche Stoffe, die mit dem Wasser in die Umwelt gelangen würden – schlimmstenfalls ins Trinkwasser. Bis 1984 wurden tausende Tonnen Hydrauliköl mit der giftigen Chlorverbindung PCB eingesetzt. „Wie viel unter Tage verblieb, ist heute nicht mehr exakt zu ermitteln“, sagt selbst die RAG. Man habe aber nicht absichtlich Öl unter Tage entsorgt.

Der RAG-Regionalbeauftragte an der Saar, Uwe Penth, glaubt nicht an eine Gefährdung. Schließlich gebe es ein Monitoring für das Grubenwasser. Nach den bisherigen Gutachten sehe er keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Trinkwasser etwa durch ausgeschwemmtes PCB verunreinigt werden könnte.

Darauf wollen sich die Grünen nicht verlassen. Aber die Landesregierung beantworte parlamentarische Anfragen dazu nicht, sagt Ulrich. Aus dem Bericht eines Untersuchungsausschusses aus dem Jahr 1984 geht hervor, dass die „Sammlung und Beseitigung synthetischer Öle nicht in dem gesetzlich normierten Rahmen praktiziert“ worden sei.

Erhebliche Mengen PCB sollen damals ausgetreten sein – befinden sich also noch in den Zechen. Anhänge zu dem Bericht hat die Landesregierung nicht veröffentlicht. Einige Zechen sollen schon teilweise geflutet worden sein. Ulrich fordert, dass die Landesregierung ein unabhängiges Gutachten zur Gefahrenlage in Auftrag gibt, bevor Pumpen abgestellt werden.

Gefährdung bisher nicht im Blick

In Nordrhein-Westfalen wird das grün geführte Umweltministerium eine entsprechende Untersuchung durchführen lassen. Hier will die RAG den Wasserspiegel von 800 Meter unter Tage auf 600 Meter anheben. „Wir nehmen die Gefahr sehr ernst“, sagt Frank Seidlitz, Sprecher des NRW-Umweltministeriums. Ursprünglich wollte die RAG ab 2016 anfangen, Pumpen abzustellen. Das hat das Umweltministerium bereits aus einem anderen Grund untersagt: Es besteht der Verdacht, dass in den Zechen giftiger Müll entsorgt worden ist. Dem will das Ministerium mit einem Gutachten zur Entsorgungspraxis der RAG nachgehen. Die Ausschreibung wurde um den Prüfauftrag auf PCB-Belastung erweitert. Im ersten Halbjahr 2015 soll der Auftrag vergeben werden.

„Wir brauchen eine Gefährdungsabschätzung“, sagt auch Dirk Jansen, der Landesgeschäftsführer NRW des Umweltverbands BUND. „Das sind giftige Altlasten aus der Vergangenheit, die uns wieder einholen.“ Das Problem habe bislang niemand im Blick gehabt. „Dass die RAG ein Konzept für das Problem hat, glaube ich nicht.“

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