Konzert in Bethlehem: Superstar entzückt Zehntausende

20.000 Menschen sind gekommen, um den Palästinenser Mohammed Assaf zu hören. Nur drei Lieder darf er singen. Die Fans sind begeistert.

Mohammed Assaf Superstar. Bild: dpa

BETHLEHEM taz | Mohammed Assaf muss man einfach alles verzeihen. Von drei angesagten Konzerten blieben nur seine Auftritte in Ramallah und Bethlehem übrig, und auch dort gab der der junge Superstar jeweils nur ganze drei Titel zum Besten. Mehr war ihm laut Vertrag mit einem Medienkonzern nicht möglich.

Sein Publikum war trotzdem zufrieden. „Assaf ist toll“, findet Murad Amro, einer von 20.000 Palästinensern, die am Freitagabend zum Flughafen in Bethlehem pilgerten, um ihren neuen Star mit eigenen Augen zu sehen. Vor zwei Wochen hatte Assaf in Beirut den Titel des „Arab Idol“ gewonnen.

Aus Solidarität mit dem ägyptischen Volk, so appellierte noch Anfang der Woche das palästinensische Religionsministerium, müsse man auf die Konzerte verzichten. In so schweren Zeiten sei ein Aufschub zwingend, hieß es, und so musste das Konzert in Nablus kurzerhand abgesagt werden.

Grund des Hin und Her bei der Organisation des Konzerts in Bethlehem war schließlich auch das Chaos in Ramallah. Im dichten Gedränge von 40.000 Menschen hatte es im Verlauf von Assafs Konzert mehrere Verletzte gegeben.

Assaf wirkt als Versöhnungsfaktor zwischen Fatah und Hamas

Der 23-jährige Murad Amro hat aus dem Radio von dem Konzert in Bethlehem erfahren. „Wir wollen wie alle anderen Menschen auf der Welt ganz normal sein und uns auch einfach nur amüsieren“, sagt er. Mohammed Assaf sei wie ein Botschafter. Der Superstar beweise der Welt, dass auch die Palästinenser etwas können. „Wir sind ein gutes Volk“, meint Murad und zieht den Bogen noch weiter: „Wir sind ein guter Partner für den Frieden.“

Auf innerpalästinensischer Bühne fungiert Assaf schon jetzt als Versöhner der zerstrittenen Fraktionen Fatah und Hamas. Hatten die Islamisten in Gaza anfangs Probleme mit dem Popstar, so schlossen auch sie ihn nach seinem Titelgewinn in die Arme.

Mit rosa Zuckerwatte und dampfenden Maiskolben vertrieben sich die Leute in Bethlehem die Wartezeit. Nur die massiven Sicherheitsvorkehrungen versetzten ihrer gehobenen Stimmung einen leichten Dämpfer. 1.500 Beamte waren im Einsatz, um ein Chaos zu verhindern. Sie ließen die Menschen nur in kleinen Schüben auf das Gelände. Tausende Fans standen noch vor den Toren, als Assaf schon sein erstes Lied anstimmte.

67 Millionen Stimmen für den Sänger

Wie bei der Casting-Show in Beirut trug er Jeans, ein dunkles Jackett und um die Schultern die palästinensische Flagge. Erst 23 Jahre alt und noch keine drei Wochen ein Star, hielt Assaf die Menge souverän in Bann.

„Alle lieben ihn“, sagt Ahmad Jawabreh, der einen Kinderwagen im Takt vor- und zurückschiebt. „67 Millionen haben für Assaf gestimmt“, sagt er stolz und streichelt seinem Sohn gedankenverloren über den Kopf. Der dreijährige Junge ist trotz des Wirbels um ihn herum eingeschlafen. „Assaf kommt aus Gaza, aus einem Flüchtlingslager“, setzt sein Vater hinzu.

Assaf verkörpert den palästinensischen Traum. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen und ohne erkennbare Perspektive, gelang ihm der Sprung nach ganz oben. Der neue Rennwagen und ein Vertrag sind nur eine Seite. Dem „Arab Idol“ stehen fortan die Tore des Gazastreifens offen. Bei der Ausreise zur Vorauswahl in Kairo musste er noch die Grenzsoldaten bestechen, um überhaupt rauszukommen. Letzte Woche konnte er via Israel ins Westjordanland reisen.

„Wäre Assaf weniger als ein Superstar, hätte er kaum eine Chance, je seinen Fuß auf den Boden des Westjordanlandes zu setzen“, kommentierte die israelische Menschenrechtsorganisation Gisha, die darauf hofft, dass bald auch Palästinenser aus dem Gazastreifen ausreisen dürfen, die nicht so schön singen können.

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