Kooperation mit „Monitor”: Den Journalismus befreien

Die Krise des Journalismus ist existenzbedrohend. taz & „Monitor“ halten mit einer Kooperation dagegen. Nun erscheint die erste Story.

Die Person und die Meute – Szene einer Pressekonferenz eines Bundesministers. Bild: rtr

Zeitungen verschwanden, Redaktionen wurden zusammengestrichen, Anzeigenerlöse diffundierten ins Netz und generierten dort Geschäftszweige, die mit dem Erhalt der Demokratie nichts mehr zu tun haben. Journalistisches Selbstbewusstsein wich vielerorts einer Servicementalität. In der Fläche Deutschlands bildeten sich ungute Konzentrationen, die Zeitungsvielfalt beendeten.

Es gibt immer mehr Flecken, wo öffentliche Behörden oder Privatwirtschaft nicht mehr mit kritischem Journalismus rechnen müssen. Das erzeugt Filz und Vetternwirtschaft, Willkür und Amtsmissbrauch. Die Vertrauenskrise des Journalismus speist sich nicht nur aus braunen Ressentiments eines tumben Mops, wie sich das manche Journalisten im orbitalen Selbstgespräch einreden. Der Vertrauensverlust hat ökonomische Gründe und ist Ausdruck einer teils ungesunden Nähe machner KollegInnen zu den Eliten, die sie eigentlich kritisch behandeln müssen.

Am 17. März erscheint eine Reportage in der taz, parallel dazu sendet das ARD-Magazin „Monitor“ an diesem Tag einen Bericht: Gemeinsam berichten wir über die Verstrickungen rund um die sogenannten „EnergieAgentur NRW“. Ein Vehikel, dass offenbar seit Jahrzehnten dazu dient, die Umleitung von Steuergeldern in die Privatwirtschaft zu verdecken.

Doch es existiert noch ein weiterer Qualitätsverzicht. Zugunsten einer Quotenfixierung beispielsweise. Ökonomische Maßstäbe kolonisieren den Journalismus und konkurrieren mit seinem wichtigsten Prinzip: der Unabhängigkeit.

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Die Quote hat sich verselbständigt und gilt nun auch bei einigen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten als das Maß aller Dinge. Was als Instrument privater Anbieter für die Preisbildung von Werbung eingeführt wurde, löste bei manchen Hierarchen Kriterien journalistischer Relevanz ab. Mit Quote und Klickzahlen verbannten sie den Journalismus auf die hinteren Plätze.

    Dabei sollten die Gebührenmilliarden den Öffentlich-Rechtlichen gerade jene Unabhängigkeit gewährleisten. Journalismus darf sich nicht auf fremde Kriterien einlassen. Er muss unabhängig von Quoten sein, was nicht bedeutet, dass sich JournalistInnen nicht für ihr Publikum interessieren sollen. Nur entwertet die unreflektierte Fixierung auf Quoten die eigentliche Funktion, den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Und drauf zu schlagen.

    Und es gibt viele JournalistInnen, auch in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sich diesen kritischen Blick (wieder) zu eigen machen. Es bilden sich unabhängige Recherchebüros, es entstanden solche Abteilungen in Zeitungen. Auch in der taz. Nun kooperieren wir erstmals für eine Geschichte auch mit Kollegen des ARD-Magazins „Monitor“.

    Solche Kooperationen erhöhen Reichweiten und Wirkung, und das ist gut. Wer behauptet, wir sollten LeserInnen nicht mit komplexen Themen und schwierige Sachverhalten „belästigen“, gefährdet unseren Beruf.

    LeserInnen sind nicht doof und haben ein genaues Gespür für die Funktion des Journalismus. Sie wollen solche Themen. Im taz-Ressort Reportage und Recherche widmen wir uns deswegen auch anstrengenden Geschichten. Denn wir haben gelernt, dass Komplexität eine Methode korrupter Geschäftsmodelle wurde. Ausführliche, zeitintensive Recherche gehört daher zu wichtigsten Werkzeugen, um derlei Geschäfte aufzudecken.

    Unsere Unabhängigkeit schätzen neben unseren Leserinnen auch unsere InformantInnen. Und ihr Schutz ist für uns von zentraler Bedeutung. Sie kommen zu uns, weil sie daran glauben, dass wir Missstände ungeachtet von Ämtern und Personen veröffentlichen. Das nehmen wir sehr ernst. Denn kritischer Journalismus ist wichtiger denn je.

    KAI SCHLIETER leitet das Ressort Reportage & Recherche der taz.