Krawall in der schwäbischen Provinz: Eskalation eines Stadtfests

Bei dem Ereignis in Schorndorf kommt es zu sexuellen Übergriffen. In der Nacht darauf randalieren Jugendliche auf einer Schlosswiese.

Auf einer Wiese vor einem Schloss liegt eine leere Flasche

Provinzidylle mit Überresten einer Party Foto: dpa

SCHORNDORF taz | Schockierende Meldungen über Randale auf dem Schorndorfer Stadtfest „SchoWo“ gehen seit Sonntag durchs Netz. Von „Ausschreitungen“ und „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ ist die Rede. Ebenso, dass sich „tausend Flüchtlinge“ Samstagnacht in der schwäbischen Provinz eine Schlacht mit der Polizei geliefert hätten. Die Schreckensmeldungen kursieren bei Twitter unter dem Hashtag #koelnhbf oder zynisch unter #Einzelfall. Auch der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hielt sich am Sonntag auf Facebook mit Kommentaren nicht zurück: „Übergriffe bei einem an sich friedlichen Fest. Und wieder jugendliche Migranten mittendrin.“

Kaum 30 Stunden später geben der SPD-Oberbürgermeister der Stadt Matthias Klopfer und der Polizeipräsident Roland Eisele im Schorndorfer Rathaus eine Pressekonferenz. Sie versuchen, den Gerüchten mit Fakten beizukommen. Demnach gab es am Freitag und Samstagabend auf dem Schorndorfer Wochenmarkt zwei sexuelle Übergriffe. In dem einen Fall wird gegen drei Afghanen im Alter von 18 bis 20 Jahren ermittelt, die ein 17-jähriges Mädchen „angegrapscht“ haben sollen. Im zweiten Fall laufen die Ermittlungen gegen einen 20-jährigen Iraker, der eine 24-jährige Frau bedrängt haben soll. In der Nacht zum Sonntag kam es dann auf der benachbarten Schlosswiese, auf der etwa 1.000 Jugendliche feierten, zu Aggressionen und Ausschreitungen, „wie wir sie bisher noch nicht kannten“.

Nach Darstellung der Polizei haben Einzelne aus der „anonymen Masse“ Polizei und Passanten aggressiv angegangen und später mit Flaschen beworfen. Nach Zeugenaussagen sollen Gruppen von Randalierern noch Stunden später angeblich mit Messern durch die Stadt gezogen sein. Auch da laufen die Ermittlungen noch.

Im Fall der sexuellen Übergriffe wird gegen die vier mutmaßlichen Täter ermittelt. Bei den Übergriffen auf der Schlosswiese gab es bisher keine Festnahmen, die Ermittlungen laufen noch. Deshalb konnte Polizeipräsident Eisele auch keine Auskunft dazu geben, ob es sich bei diesen gewalttätigen Jugendlichen auch um Asylbewerber oder Migranten handelt. Man sei für die Identifizierung der Täter auf weitere Zeugen angewiesen.

Für den Polizeipräsidenten ist jedoch weniger die Herkunft entscheidend für solche Ausschreitungen, die erlebe die Polizei seit Jahren in wachsendem Maß. Hauptgrund für die wachsende Aggressivität, auch gegen Polizeibeamte, sei Alkohol. In diesem Zusammenhang wandte sich der Schorndorfer Oberbürgermeister mit Kritik an die grün-schwarze Landesregierung. Bisher herrsche im Schorndorfer Schlosspark ab 23 Uhr Alkoholverbot, das man in den letzten Jahren auch während des Fests durchgesetzt hatte.

Für den Polizeipräsidenten ist jedoch weniger die Herkunft entscheidend für solche Ausschreitungen, die erlebe die Polizei seit Jahren in wachsendem Maß

Die Stadt hatte sich mit der Polizei in diesem Jahr darauf verständigt, erst nach Mitternacht das Verbot durchzusetzen. Angesichts der Vorfälle in seiner Stadt nannte Klopfer diese Entscheidung falsch. Nach einer Gesetzesänderung, die die grün-schwarze Koalition vereinbart hatte, soll das pauschale Alkoholverkaufsverbot nach 22 Uhr bis nächstes Jahr fallen.

Mit Blick auf Boris Palmer, der im Netz beklagt hatte, als Rassist gebrandmarkt zu werden, wenn er Integrationsprobleme offen anspreche, sagte Schorndorfs OB: „Ich bin der Letzte, der sich einer schonungslosen Analyse verweigert. Aber es ist die Aufgabe eines Oberbürgermeisters, Integration zu ermöglichen, und die Aufgabe der Polizei, Straftaten zu verfolgen.“

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