Landtagswahl in Hessen: SPD am allerliebsten solo

Hessens SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel verheddert sich in Koalitionsaussagen. Die Grünen sind genervt, die Linke ist beleidigt, die CDU feixt.

„Ich sage das, was ich die ganzen Jahre schon sage“: Hessens SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel Bild: dpa

WIESBADEN taz | Normalerweise twittert Thorsten Schäfer-Gümbel, SPD-Spitzenkandidat in Hessen, am liebsten über seinen Kaffeekonsum und darüber, auf welche Auftritte er sich freut. Am vergangenen Freitag aber sah er sich genötigt, etwas klarzustellen: „Ich sage das, was ich die ganzen Jahre schon sage. #Wechsel ist rot/grün. Wie haben Sie diese Pressekonferenz erlebt?“

Tatsächlich konnte man die Podiumsdiskussion aller Spitzenkandidaten zur hessischen Landtagswahl in Wiesbaden auch ganz anders erleben als Schäfer-Gümbel. Diesem wurde dort wieder einmal die klassische Gretchenfrage gestellt: Was tun, wenn es für die Wunschkoalition von SPD und Grünen nicht reichen sollte – für eine Regierungsbildung unter Beteiligung oder Duldung der Linkspartei aber schon?

Zunächst schloss Schäfer-Gümbel „formal“ nichts aus. Um im nächsten Atemzug sowohl der CDU als auch den Linken die Regierungsfähigkeit abzusprechen und „politisch“ einem Linksbündnis ebenso wie einer Großen Koalition eine Absage zu erteilen.

Anschließend spielte er noch darauf an, dass die bestehende Landesregierung in einem solchen Fall auch geschäftsführend im Amt bleiben könne – gerade so wie 2008 der eigentlich abgewählte Roland Koch (CDU) während des Ypsilanti-Debakels. Womit Schäfer-Gümbel Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in die Hände spielte. Dieser freute sich und betonte erneut, das Land brauche eine „stabile Regierung“ und keine „hessischen Verhältnisse“.

Schadensbegrenzung der Genossen

Nun geht es bei der SPD um Schadensbegrenzung. „Es ist nach wie vor nichts ausgeschlossen“, sagte Gernot Grumbach vom linken Hessen-SPD-Flügel am Sonntag der taz, schränkte aber in Hinblick auf eine mögliche rot-rot-grüne Regierung ein: „Es muss so lange halten, dass die Leute sagen: Es hat sich gelohnt.“ Und ob mit der Linken eine stabile Regierung zu bilden sei, bleibe fraglich.

So sieht das auch der Hesse Omid Nouripur, der für die Frankfurter Grünen im Bundestag sitzt. „Für den Bund kann ich sagen: Demokratische Parteien müssen miteinander können. Schwarz-Grün ist theoretisch möglich, kann ich mir aber nicht vorstellen, wenn ich mir Herrn Seehofer anschaue. Gleiches gilt für die Linke, wenn ich mir deren außenpolitische Forderungen anschaue“, sagte er der taz.

Tarek Al-Wazir, Spitzenkandidat der Hessen-Grünen, kommentierte: „Die Koalitionsspekulationen gehen mir auf den Geist.“ Schäfer-Gümbel habe „die Lehre aus 2008“ gezogen und nur darauf hinweisen wollen, dass die Linkspartei im Falle eines Einzugs in den Landtag das rot-grüne Projekt gefährde: „Wer sie wählt, der wacht vielleicht mit Bouffier auf.“ Und als Erfinder des schönen Wortes „Ausschließeritis“ wies er darauf hin: „Wenn alle alles ausschließen, kann am Ende eine Situation entstehen, in der nichts mehr geht.“ Wenngleich mit den „Maximalforderungen“ der Linken kaum Politik zu machen sei.

Janine Wissler, Spitzenkandidatin der Linken in Hessen, hält Schäfer-Gümbels Aussagen für „verwegen und widersprüchlich“. Sie seien ein Ausdruck „krasser Missachtung“ des Wählerwillens: „Wer nichts fordert, wird nicht bekommen“, erklärte Wissler der taz. „Wenn wir ein Abklatsch anderer Parteien wären, dann bräuchte man uns nicht.“ Ihre Partei unterstütze „jeden Schritt in die richtige Richtung, egal wie klein er ist“.

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