Liberale Frauen-Vorsitzende über Gender: „Wir wollen keine Castingshow“

Anfang der 70er Jahre war die FDP die erste Partei, die für Gleichberechtigung eintrat. Katja Grosch möchte, dass Frauen sich bei den Liberalen wieder wohler fühlen.

Gruppenbild mit Katja Suding, Christian Lindner, Nicola Beer, Nicola Beer und Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Doch, es gibt schon Frauen in der FDP, aber die Männer machen sich ganz schön breit Foto: dpa

taz: Frau Grosch, der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat vergangene Woche angekündigt, die FDP weiblicher machen zu wollen. Dank Brüderle und Kubicki gilt die Partei als Hort der Machos und Herrenwitze. Kann Lindner überhaupt Erfolg haben?

Katja Grosch: Auf jeden Fall. Es gibt genügend Frauen bei der FDP, die wie ich seit vielen Jahren für die Gleichstellung eintreten. Ich freue mich sehr, dass das jetzt auch in der Parteispitze angekommen ist.

Bisher scheint das Engagement nicht viel genützt zu haben. Ihr Frauenanteil liegt bei einem knappen Viertel, im FDP-Präsidium sind fünfzehn Männer und drei Frauen. Warum?

Natürlich gibt es bei der FDP zu wenig Frauen. Ich selbst bin aber erst seit drei Jahren dabei – was vorher war, dazu kann ich nichts sagen. Allerdings hatte die FDP schon einmal große Ziele für Frauen: Anfang der 70er Jahre war sie die erste Partei, die für Gleichberechtigung eingetreten ist. Das ist unterwegs vielleicht irgendwann verloren gegangen.

Der Kampf um Gleichberechtigung ist deutlich älter als die FDP.

Aber wir waren die erste Partei, die das ins Wahlprogramm aufgenommen hat. Es ist doch so: Frauen und Männer sind verschieden, ja, aber die Gesellschaft verändert sich. Nun müssen wir zu einem Konsens finden, mit dem alle leben können. Ich glaube, dass in der Gesellschaft mittlerweile auch angekommen ist, dass Frauen viel dazu beitragen können, was Männer ergänzt.

Geht es Ihnen um Ergänzung oder um eigene Inhalte?

Uns geht es um Inhalte. Wir haben eine Arbeitsgruppe von zwölf Frauen und zwei Männern eingesetzt, zu der ich auch gehöre. Wir haben schon einen Maßnahmenkatalog erstellt, den wir jetzt abarbeiten wollen. Die Ergebnisse werden wir auf unserem Bundesparteitag im Mai vorstellen.

Worum wird es gehen?

Es wird ein Prozess sein: Wir werden uns mit gendergerechter Sprache beschäftigen, mit der Frage, ob die FDP ein frauenfreundlicher Arbeitgeber ist, mit der Frage, ob wir die Quote brauchen, um mehr Frauen in die Partei und den Vorstand zu bringen oder ob das freiwillig geht. Haben wir Vorbilder? Welche Mentoringprogramme greifen und sollen intensiviert werden, welche Kampagnen können wir fahren? Wie können Beruf und Familie besser vereinbart werden? All so etwas. Aber das wird alles erst erarbeitet.

Wie erleben Sie selbst die FDP – wo sehen Sie die größten Baustellen?

Ich persönlich habe keine negativen Erfahrungen gemacht. Aber wir müssen daran arbeiten, dass sich Frauen bei uns wohler fühlen. Wir brauchen mehr Frauen, die uns unterstützen, die aktiv mitmachen wollen. Gleichzeitig wollen wir keine Castingshow à la Heidi Klum, nur um mehr Frauen ins Boot zu holen. Uns geht es um Inhalte.

Sie sind Vorsitzende der Liberalen Frauen. Die FDP schlägt in der Debatte um den Paragrafen 219 a einen Kompromiss vor, die Liberalen Frauen wollten ihn abschaffen. Haben Sie diesen Machtkampf gegen die Männer verloren?

Wir vertreten unsere Meinung und die ist: Die Frau muss selbstbestimmt sein und sich unter Zugang zu allen relevanten Informationen für oder gegen ein Kind entscheiden können. Wir sind ganz klar für die Abschaffung des Paragrafen 219 a und arbeiten daran auch weiter.

47, ist Vorsitzende der Liberalen Frauen in der FDP. Sie lebt in Erfurt.

Die Liberalen Frauen sind entstanden, weil FDP-Frauen Kritik an der Frauenförderpolitik der eigenen Partei hatten. Wenn die Frauen jetzt gefördert werden – braucht es Ihre Vereinigung dann noch?

Die wird es immer brauchen. Es gibt einfach Themen, die nur Frauen betreffen und die insofern auch nur von Frauen behandelt werden sollten. Der Paragraf 219 a StGB zum Beispiel schränkt die Informationsfreiheit von Frauen in empfindlicher Weise ein und sollte ersatzlos gestrichen werden. Da haben die Einwürfe unseres Gesundheitsministers Jens Spahn einfach nichts zu suchen.

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