Lichterkette München-Berlin: Antifa bringt Licht ins Dunkel

In Berlin versuchen Neurechte, die für Samstag geplante Lichterkette von München nach Berlin zu unterwandern – der Veranstalter wehrt sich.

650.000 Kerzen sollen am Samstag brennen zwischen München und Berlin. Foto: dpa

Leicht umzusetzen war Horst Fallenbecks Idee von Anfang an nicht: eine Lichterkette von München nach Berlin, 650 Kilometer lang. Rund 650.000 Menschen müssten sich am Samstagabend mit einer Kerze in der Hand beteiligen, damit die Kette zustande kommt, mit der Fallenbeck, Tierhotelbetreiber in einer baden-württembergischen Kleinstadt, ein Zeichen gegen Krieg, Terror und Angst setzen will. Ein Mammutprojekt, das allerdings erstaunlich großen Zuspruch fand: Über 200.000 TeilnehmerInnen haben sich auf der Internetseite zu der Aktion bereits angemeldet.

Seit Anfang dieser Woche ist das Projekt allerdings noch um einiges komplizierter geworden. Denn da erfuhr Horst Fallenbeck, dass sein Vorhaben auch Leute anzieht, die damit ihre ganz eigene politische Agenda verfolgen: Mit der Gruppe Friedensfusion hatten in Berlin AnhängerInnen der neurechten Mahnwachenbewegung die Organisationsarbeit vor Ort übernommen. „Diese Gruppe ist mindestens rechtsoffen, eng mit dem Pegida-Ableger Endgame verbandelt und bietet mit ihren Aktionen ein Podium für antisemitische Verschwörungstheorien“, sagt Benjamin Steinitz von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus. In Erscheinung getreten war die Gruppe zuerst im Mai, als sie direkt neben einer rechtsextremen Kundgebung vor dem Hauptbahnhof eine eigene Kundgebung abhielt, die eher wie ein Ergänzungsangebot als eine wie eine Form des Gegenprotests wirkte.

Immer wieder versuchen Gruppen aus dem Mahnwachenspektrum, Veranstaltungen aus der Friedensbewegung zu unterwandern. Auch hier wäre das fast gelungen: „Bis vor ein paar Tagen hatte ich keine Ahnung davon, dass es diese Strömung überhaupt gibt“, sagt Fallenbeck. Einen Facebook-Eintrag des Antifabündnisses NoNügida aus Nürnberg, in dem vor dem Berliner Orgateam gewarnt wurde, nahm er allerdings ernst: Er begann zu recherchieren, telefonierte mit den AktivistInnen von NoNügida und mit anderen Szenekundigen. Danach war für ihn klar: „Diese Leute stehen für eine menschenverachtende Ideologie, mit der ich nichts zu tun haben will.“ Dienstagnacht erklärte Fallenbeck über Facebook, dass er das Berliner Organisationsteam auflöst.

Seitdem erhält er Drohungen per Mail und per SMS; „wir machen dich fertig“, sagen ihm Anrufer mit unterdrückter Nummer. Gleichzeitig denkt die Berliner Organisationsgruppe offenbar gar nicht daran, ihre Aktivitäten zur Lichterkette einzustellen. „Mittlerweile betreiben diese Leute Sabotage, indem sie falsche Routen und Fehlinformationen zur Aktion streuen“, sagt Fallenbeck.

„Ich denke die ganze Zeit darüber nach, ob ich alles absagen sollte“, sagt Fallenbeck am Mittwoch. „Aber dann mache ich doch genau, was die wollen“. Deshalb will er an seinem Plan festhalten. „Extremst dankbar“ sei er der Gruppe NoNügida und allen anderen, die ihn beraten und informiert haben: „Zum Glück gibt es Leute, die sich mit diesem braunen Mist wirklich auskennen.“

In Berlin gibt es mittlerweile ein neues, zweites Organisationsteam, dass die Streckenabschnitte betreuen soll. Von Steglitz-Zehlendorf bis zum Brandenburger Tor soll die Kette führen – wer alles sich dort einreiht, wird sich am Samstagabend zeigen.

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