Linke über Schwarz-Grün: Die schwarze Gefahr

Eine Studie der Linkspartei analysiert, was ein Bündnis mit der Union für die Grünen bedeutet. Schwarz-Grün kann für Özdemir & Co heikel werden.

Thomas Strobl, der baden-württembergische Innenminister von der CDU beugt sich im Landtag zu Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen

Der Zukunft zugewandt: Ministerpräsident Winfried Kretschmann plauscht mit seinem Innenminister und Regierungspartner Thomas Strobl von der CDU Foto: dpa

BERLIN taz | Eigentlich spricht viel für Schwarz-Grün 2017. Die Große Koalition kann niemand als Dauerzustand wollen. In Hessen regieren CDU und Grüne auffällig geräuschlos. Wiesbaden ist ein Probelauf. Wenn die Grünen mit der traditionell als rechts geltenden hessischen Union harmonieren, geht das auch Berlin.

Auch an der Basis schwinden die Vorbehalte gegen die Konservativen. Einer Umfrage vom November 2014 zufolge wollten 57 Prozent der grünen Wähler im Bund lieber mit Merkel regieren als mit Rot-Rot-Grün. Merkels Mitte-Kurs und zuletzt Winfried Kretschmanns grün-schwarze Regierung in Stuttgart haben die Schranken zwischen den christdemokratischen und grünen Milieus noch weiter gesenkt. Bei Energie- und Außenpolitik trennt Union und Bündnisgrüne nicht mehr viel. Die Lager haben sich aufgelöst.

Doch das Bild ist komplexer – so das Ergebnis der 70-seitigen Studie von Helge Meves, zuständig für Grundsatzfragen bei der Linkspartei und Marian Krüger, Referent bei der linken Bundestagsfraktion. Die Autoren sehen zwar die „wachsende Akzeptanz eines möglichen schwarz-grünen Bündnisses“ bei der Öko-Klientel. Die grüne Anhängerschaft sei saturiert und pragmatisch bis zum Unpolitischen geworden. Trotzdem riskieren die grünen Realos mit einem forschen Schwarz-Grün-Kurs „eine Polarisierung der grünen Wählerschaft“ und die Abwendung eines Teils der Klientel zu SPD und Linkspartei.

Denn bei Wahlen kommt die immer wieder beerdigte Lagerordnung eben doch zum Vorschein. Die Wanderungsströme bei den wichtigen Wahlen der letzten Jahre, so die Studie, ergeben allesamt ein ähnliches Bild. Der mit Abstand größte Austausch fand jeweils in den Lagern, also zwischen SPD und Grünen bzw. Union und FDP, statt.

„Die Wähler ordnen die Grünen mehrheitlich nach wie vor dem linken, die CDU dem rechten Lager zu“, so die Studie „Schwarz-Grüne Perspektiven vor der Bundestagswahl 2017“. Die Wählerwanderungsbilanzen belegen die „Fortexistenz des Links-Rechts-Schema.“ Conclusio: Ein Lagerwechsel ist für die Grünen, allen Anäherungen an die Union zum Trotz, noch immer riskant.

Imageverlust droht

Die Mehrheit der Ökopartei, so der Befund, sieht Schwarz-Grün zwar entspannt – doch eine relevante Minderheit wird der Partei den Rücken zudrehen. Inhaltliche Bruchstellen können auf diesem Weg Bürgerrechts- und Migrationspolitik sein. In Sachen TTIP werden die Grünen auf dem Weg zur Union das Image verlieren, „parlamentarischer Arm der Protestbewegung“ zu sein. Kompliziert würde mit Schwarz-Grün auch das Verhältnis zum Bundesrat. Denn dort könnte ab dem Herbst 2017 die SPD nach Belieben eine mögliche Merkel-Özdemir-Regierung in langwierige Verhandlungen zwingen.

Bei den Grünen, so Meves und Krüger, läuft für 2017 innerparteilich alles Richtung Merkel. Der linke Flügel um Toni Hofreiter und Simone Peter hat, so die zutreffende Einschätzung, dem Kurs der Realos „wenig entgegenzusetzen“ und sich auf Schwarz-Grün eingestellt. Natürlich auch mangels machtpolitischer Alternativen.

Für die Linkspartei haben die Autoren auch einen Tipp parat: die Tür zu Rot-Rot-Grün offenhalten. Und: „Es sollte nicht darum gehen, die Grünen zu entlarven, sondern sie als bürgerliche Partei ernst zu nehmen.“ Ein guter Rat. Die Erkenntnis, dass sich Entlarvungs-Rhetorik und Koalitionsangebote nicht vertragen, steht der Spitze der Linkspartei noch bevor.

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