Lobbycontrol zu Politikerkarrieren: Schwarz-Gelb mauert bei Transparenz

Lobbycontrol zieht Bilanz: Seit 2009 haben Union und FDP fast alle Versuche vereitelt, mehr Nachvollziehbarkeit bei Lobbyisten herzustellen.

Drehtürkarrieren: Aus der Politik gleich in die Wirtschaft wechseln. Bild: photocase / kallejipp

BERLIN taz | Eckhart von Klaeden, ab Herbst Cheflobbyist von Daimler, sitzt noch immer als Staatsminister an Angela Merkels Kabinettstisch. Klaeden ist nicht der Einzige, der direkt aus der Politik in die Wirtschaft wechselt. Es gibt auch weniger spektakuläre Fälle mit ähnlichem Werdegang, die nicht minder problematisch sind. Zum Beispiel Bernd Pfaffenbach, der lange als „Merkels Sherpa“ bei G8-Gipfeln für Finanzmarktregulierung zuständig war. 2011 wechselte er zu der US-Bank JP Morgan. Dort kann er als Berater Insiderkenntnis und Kontakte versilbern.

Grüne und Linkspartei fordern schon seit längerem Karenzzeiten, um solche Drehtürkarrieren zu verlangsamen. Es geht dabei nicht um ein Berufsverbot für Ex-Politiker, wie die FDP gelegentlich polemisch verlauten lässt. Vielmehr soll, so die Idee der Grünen, eine Ethikkommission in Zweifelsfällen prüfen, ob das Selbstverständliche bei den Post-Politiker-Karrieren eingehalten wird: Dass Leute, die mit öffentlichen Geldern bezahlt wurden, aus ihren dort erworbenen Kenntnissen nicht unlauter Kapital schlagen. Vergeblich: Union und FDP mauern.

Schwarz-Gelb, so das nüchterne Resümee von Lobbycontrol, hat fast alle Initativen um „mehr Transparenz bei Lobbyisten herzustellen, verhindert“. Die Organisation legt am Dienstag in Berlin eine vierzigseitige Studie vor. In keinem Feld wurden entscheidende Fortschritte erzielt – nur Peer Steinbrücks üppige Nebeneinkünfte sorgten dafür, dass Abgeordnete nun detaillierter darlegen müssen, was sie jenseits des Bundestages verdienen. Allerdings nicht auf Euro und Cent, das verhinderte Schwarz-Gelb.

Bei zentralen Feldern, die eher im Schlagschatten des öffentlichen Interesses liegen, ist nichts passiert. So gibt es hierzulande, anders als in den USA, kein verbindliches Lobbyregister, das der Öffentlichkeit ermöglicht, zu wissen wer in Berlin in wessen Interessen antichambriert. Gleiches gilt für die Parteienfinanzierung und die Korruption von Parlamentarieren. Die schwarz-gelbe Mehrheit sperrt sich trotz heftiger Kritik, die mittlerweile sogar von Unternehmen wie Siemens und Daimler zu hören ist, die UN-Konvention gegen Korruption umzusetzen. Begründung: Das würde die Freiheit der Abgeordneten zu sehr einschränken.

Es geht nicht vorwärts, sondern rückwärts

Merkels Strategie, so die Lobbycontrol-AutorInnen Christina Deckwirth und Timo Lange, scheint klar: Weil bei Lobbyismus „eher die Opposition punktet, meidet Schwarz-Gelb das Thema."

Es geht nicht nur nicht vorwärts, sondern rückwärts. „Der Staat öffnet sich mehr für Lobbyeinflüsse“, schreiben die AutorInnen. Außerdem, so der Befund, sind „die Lobbydienstleister spezialisierter und professioneller geworden“. So verschieben sich die Machtverhältnisse unmerklich zugunsten wirtschaftlich einflussreicher Gruppen.

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