Londons Banken nach dem Brexit: Das Geld soll nach Frankfurt

Lobbyisten nutzen den Brexit, um eine Liberalisierung des Finanzplatzes Deutschland zu fordern. Auch andere Länder buhlen um die britischen Jobs.

Die Skyline von Frankfurt

Geht es nach Frankfurt? Foto: reuters

HAMBURG taz | Der Finanzplatz Deutschland soll attraktiver werden, um möglichst viele der Arbeitsplätze der Branche nach dem Brexit aus London abzuziehen. Das fordern Lobbys wie „Frankfurt Main Finance“ oder das Deutsche Aktieninstitut (DAI) von der Bundesregierung. DAI ist ein Verbund von Commerzbank, Deutscher Bank und anderen börsennotierten Aktiengesellschaften. Mindestens 10.000 Arbeitsplätze könnten von London nach Frankfurt verlagert werden – und damit viele Milliarden-Deals, hofft man am Main.

Dabei würden mehr Markt und weniger Regelzwänge für Banken helfen, lautet die Losung der deutschen Finanzbranche. Schon wenige Tage nach dem Referendum in Großbritannien versucht die Finanzplatz-Lobby Pflöcke für eine weitere Marktöffnung einzuschlagen, um die Gunst der „Brexit“-Stunde zu nutzen.

Dabei ist die Konkurrenz groß. Paris und Dublin, das vor allem aus Sicht amerikanischer Banken und Versicherungen einen Sprachvorteil hat, bemühen sich lautstark, Finanzdienstleister von der Insel zu locken. Auch traditionsreiche Finanzplätze wie Amsterdam oder Zürich wollen vom britischen EU-Aus profitieren.

Bayern will sogar die Europäische Bankenaufsicht (EBA) von London nach München holen. Das habe Landesfinanzminister Markus Söder (CSU) in einem Brief an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgeschlagen, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Söder bitte in dem Schreiben, sich für die Verlagerung der EBA mit ihren 160 Mitarbeitern einzusetzen. Ziel müsse sein, München als zweitwichtigsten deutschen Finanzplatz zu stärken.

Frankfurt ist kein Selbstläufer

Die Frankfurter Konkurrenz ist also groß. Dass Frankfurt gewinne, sei kein Selbstläufer, warnt DAI-Geschäftsführerin Christine Bortenlänger die Bundesregierung. Der Standort Deutschland brauche eine Stärkung der „Kapitalsammelstellen“, beispielsweise durch eine ergänzende, staatlich subventionierte kapitalgedeckte Altersvorsorge, und „eine praxisnähere Regulierung“. Die Politik müsse jetzt „in Richtung leistungsfähige Kapitalmärkte gehen.“ Die Exzesse aus der Zeit vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2007 scheinen vergessen.

Pläne zur Standortverlagerung existieren bereits. Bankenpräsident Hans-Walter Peters hatte zu den wenigen gehört, die einen Sieg des Brexit-Lagers erwartet hatten. Der Finanzplatz London werde dann an Gewicht verlieren, „Europa“ sich für viele Unternehmen weltweit Richtung Kontinent verlagern, hatte er prognostiziert.

Investmentbanken wie HSBC oder Morgan Stanley haben bereits angekündigt, Arbeitsplätze auf das Festland zu verpflanzen. Auch Credit Suisse und die Deutsche Bank, die beide besonders stark in Großbritannien aktiv sind, dürften Geschäfte abziehen. Der britische Deutsche-Bank-Boss Cryan hatte schon vor dem Referendum angekündigt, unter anderen den Handel mit Staatsanleihen aus der Londoner „City“ abzuziehen. 8.000 Beschäftigte arbeiten für die Großbank auf der Insel.

Für globale Euro-Akteure wie die Deutsche Bank diente das Nicht-Euro-Land England bislang als Sprungbrett auf die weltweiten Finanzmärkte. Bislang sorgt der sogenannte Europäische Finanzpass dafür, dass von London aus reibungslos Geldgeschäfte in der ganzen EU abgewickelt werden können. Ohne dort große und teure Niederlassungen unterhalten zu müssen. Ein Drittel des europäischen Großkundengeschäfts der Banken läuft über die „City“. Gehört London nicht mehr zur EU, müsste die Europazentrale auf das Festland verlegt werden, um weiterhin den Finanzpass von den Aufsichtsbehörden zu erhalten.

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