Luftangriff der USA auf Syrien: Trump rächt sich im Alleingang

US-Präsident Donald Trump hat die Luftwaffenbasis Al-Shayrat in Syrien bombardieren lassen. Von dort aus soll ein Giftgasangriff erfolgt sein.

Eine Luftaufnahme eines Flugfeldes, rechts daneben eine Stadt

Undatierte Luftaufnahme des Al-Shayrat Flugfeld (links) und der Stadt Shayrat Foto: Google/dpa

NEW YORK taz | Auf den Tag genau 100 Jahre nach dem US-Eintritt in den Ersten Weltkrieg ließ US-Präsident Donald Trump am Donnerstagabend die syrische Luftwaffenbasis Al-Shayrat bombardieren – sie liegt 40 Kilometer südlich der Stadt Homs. Unterdessen tafelte der US-Präsident mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping auf seinem Luxusresort in Mar-a-Lago in Florida.

Nach dem Abendessen veröffentlichte Trump ein Video, in dem er seine Militäraktion erklärte. „Es liegt im vitalen Sicherheitsinteresse der USA“, sagte er, „die Verbreitung und die Nutzung von tödlichen chemischen Waffen zu verhindern und abzuschrecken.“ Er fügte hinzu, dass es klar sei, dass Syrien „Chemiewaffen nutzte, seine Verpflichtungen aus der UN-Chemiewaffenkonvention verletzte und das Drängen des Weltsicherheitsrats ignorierte“.

In der dreiminütigen Videoansprache, die er vom Teleprompter ablas, gab Trump sich als der Rächer für die „sehr barbarische Attacke“ gegen „hilflose Männer und Frauen“ und „wunderbare Babys“. Obwohl der Militärschlag ein US-amerikanischer Alleingang ohne Mandat der UNO war, gab er sich zugleich als Verteidiger des internationalen Rechts. „Jahre von früheren Versuchen, Assads Benehmen zu verändern, sind dramatisch gescheitert“, begründete er seine Entscheidung.

Kurz nach Trumps Video legte das Pentagon bei spätabendlichen Pressebriefings Fotos vor, die beweisen sollen, dass der Chemieangriff vom Dienstag auf den Ort Chan Sheichoun, bei dem Dutzende Menschen ums Leben gekommen sind, von der bombardierten Luftwaffenbasis ausgegegangen sei. Das Pentagon erklärte auch, dass das US-Militär die russischen Bodentruppen in Syrien rechtzeitig vor dem Bombardement informiert habe. „Wir hatten zahlreiche Konversationen mit den Russen und warnten sie, damit sie die Basis verlassen konnten“, sagten Pentagon-Mitarbeiter zu JournalistInnen.

Nach diesen Informationen sollen auch am Tag des Chemiewaffenangriffs Russen auf der syrischen Luftwaffenbasis Al-Shayrat gewesen sein. Das Pentagon äußerte sich nicht dazu, ob die Russen etwas über den Chemiewaffenangriff wussten. Die US-Regierung erklärte am Donnerstagabend auch, dass sie zahlreiche Verbündete vorab über ihren Militärschlag informiert habe.

Die USA bombardierten die Luftwaffenbasis mit insgesamt 59 Tomahawk-Raketen, die von zwei im östlichen Mittelmeer stationierten Kriegsschiffen abgeschossen wurden. Nach Angaben der syrischen Armee wurden sechs Menschen getötet. Es habe zudem Verletzte und großen materiellen Schaden gegeben, hieß es am Freitag in einer Erklärung der Militärführung in Damaskus. Am späten Abend berichtete der US-Sender NBC, dass die US-Raketen Radaranlagen, Luftverteidigung, einige Flugzeuge, Tankstationen und Rollbahnen zerstörten.

Die russische Führung, die im Syrien-Konflikt an der Seite des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad steht, hat den Angriff der USA mittlerweile scharf verurteilt. Es handle sich um einen „Angriff gegen einen souveränen Staat“, erklärte der Kreml am Freitag.

Trump kann auf parteiübergreifende Zustimmung hoffen

Bis zum Chemieangriff von Chan Sheichoun hatte Trump eher wohlwollende Signale an den syrischen Präsidenten ausgesandt. Ende März erklärte seine UN-Botschafterin Nikki Haley: „Man muss seine Kämpfe auswählen – es ist nicht länger unsere Priorität, Assad loszuwerden.“ Trumps Außenminister Rex Tillerson fügte hinzu, dass nicht die USA, sondern das Volk in Syrien über die Zukunft von Assad entscheiden müsse.

Zu humanitären Gesten gegenüber syrischen Flüchtlingen war Trump nicht bereit. Im Gegenteil: Er setzte Syrien auf die Liste von zuerst sieben, dann sechs Ländern, deren Staatsangehörigen er ein Einreiseverbot erteilen will. In seinem Wahlkampf hatte sich Trump anerkennend über Assad geäußert. Der sei „knallhart“, sagte er, „viel härter als Barack Obama und als Hillary Clinton“.

Am Tag des Chemiewaffenangriffs und sechs Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien entdeckte Trump am Dienstag, dass Assad ein brutaler Diktator ist. Kurz danach stellte seine UN-Botschafterin eine unilaterale Aktion der USA in Aussicht, falls der Weltsicherheitsrat nicht tätig würde. Und Trumps' Außenminister erklärte, es gäbe „keinen Zweifel, dass das syrische Regime verantwortlich ist“. Zugleich forderte er die russische Regierung auf, sie solle ihre „anhaltende Zusammenarbeit mit dem syrischen Regime überdenken.“ Tillerson hat in der nächsten Woche seinen Antrittsbesuch in Moskau geplant.

Trump kündigte das Bombardement am Donnerstagmittag in der Luft an. Auf dem Flug nach Florida ging er in der Air Force One zu den mitfliegenden JournalistInnen und sagte: „Etwas sollte in Syrien passieren.“ In seiner Videoansprache am Abend appellierte er an „alle zivilisierten Nationen“, dass sie sich „uns in der Suche nach einem Ende des Schlachtens und Blutvergießens in Syrien und nach einem Ende von Terrorismus jeder Art anschließen“.

Der US-Präsident ist seit seinem Amtsantritt am 20. Januar immer unbeliebter geworden. Und er ist trotz der soliden republikanischen Mehrheiten im Kongress mit mehreren politischen Vorhaben gescheitert – darunter seinem Einreiseverbot und der Abschaffung von Obamas Gesundheitsreform.

Doch für die Racheaktion in Syrien kann er auf parteiübergreifende Zustimmung hoffen. Unter anderem auch von seiner einstigen demokratischen Gegenspielerin Hillary Clinton. Die verlangte am Donnerstagabend im ersten Interview nach ihrer Wahlniederlage US-Schläge gegen syrische Militäreinrichtungen.

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