Lyn Lusi ist tot: Mehr als irgendeine Helferin

Die Mitbegründerin von „Heal Africa“, Lyn Lusi, ist tot. Sie half Vergewaltigungsopfern im Kongo. Ihre Arbeit rettete tausenden Frauen das Leben.

Lyn Lusis war eine der wenigen Weißen, die während der ganzen Kriege in Goma blieb. Bild: privat

BERLIN taz | Eine Pionierin der internationalen Anerkennung und Unterstützung von Opfern sexueller Kriegsverbrechen und von lokalen Fraueninitiativen gegen Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo ist tot. Lyn Lusi, die britische Mitgründerin der Hilfsorganisation „Heal Africa“ im ostkongolesischen Goma, starb am Samstagabend nach kurzer schwerer Krankheit.

Die Britin kam in den 70er Jahren im Rahmen der britischen Baptistenmission in den Kongo, der damals noch „Zaire" hieß, und als Studentin und Pädagogin arbeitete Gwendolyn „Lyn" zusammen mit ihrem kongolesischen Ehemann Kasereka „Jo“ Lusi, erst in Nyankunde und ab 1997 auch in Goma, nachdem sie in der Zeit des ruandischen Völkermordes aus Nairobi heraus begonnen hatte, Ausbildungsprogramme für lokale Mediziner aufzubauen. Als eine der ganz wenigen Weißen blieb sie durch die ganzen Kriege hindurch in Goma.

Das Ehepaar Lusi gründete mit US-Hilfe das Hilfswerk „Doctors on Call for Service“ (DOCS), das das größte private Krankenhaus in Goma unterhielt samt einem Team „fliegender Ärzte“ zum Einsatz überall in den Kriegsgebieten. Aus DOCS wurde später „Heal Africa“.

Die Klinik „Heal Africa“ in Goma ist heute eines der größten und besten Krankenhäuser Ostkongos und hat neben dem Panzi-Hospital in Bukavu die einzige große Station für Opfer von Vergewaltigungen und sexuellem Missbrauch im Krieg, von denen es im Kongo Zehntausende gibt. Tausende Frauen verdanken der Arbeit Lusis ihr Leben, unzählige Kongolesen und zahlreiche ausländische Freiwillige sind bei und unter Jo Lusi als Chirurg und Lyn Lusi als Leiterin in die Lehre gegangen.

„Heal Africa“ ist heute eine Partnerorganisation des deutschen Zivilen Friedensdienstes und des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED). Lusis Haus in Goma am Kivu-See expandierte im Laufe der Jahre in eine regelrechte Kommune, und für viele amerikanische College-Absolventen auf ihrer allerersten Afrikareise war Lyn Lusis Wohnzimmer eine Art englischer Teesalon mit Blick auf den tropischen Garten vor dem stahlblauen Kivu-See, die erste Einführung in die betörenden Widersprüche des Kongo.

Sie selbst hielt sich im Hintergrund, und blieb bis zuletzt geduldige Ratgeberin und Erklärerin. Ihre tiefe, aber sehr pragmatische Religiosität prägte ihr Leben, und sie behandelte alle gleich respektvoll, von ihren kongolesischen Hausangestellten bis zu Promi-Gästen wie George Clooney oder Hillary Clinton. Erst im vergangenen November wurde Lyn Lusi in den USA mit dem mit 1 Million Dollar dotierten „Opus Prize“ ausgezeichnet.

Sie wollte damit eine Stiftung aufbauen, um Kongolesinnen nicht nur als Opfer von Verbrechen, sondern auch als Akteure beim Neuaufbau ihres Lebens zu unterstützen und den Beitrag afrikanischer Frauen insgesamt zur Weiterentwicklung ihres Kontinents sichtbar machen zu können. Sie hinterlässt zwei Kinder und unzählige trauernde Freunde in Goma und weltweit.

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