Mainzer Kita Betriebserlaubnis entzogen: Kita unter Salafismusverdacht

Die einzige islamische Kita in Rheinland-Pfalz schließt. Dem Träger wird Nähe zu der Muslimbruderschaft und zu Salafisten vorgeworfen.

Schild der Al-Nur-Kita zeigt einen Regenbogen

Die Kita Al-Nur trägt den Namen des „Lichtbergs“, angegliedert ist zudem eine Koranschule Foto: imago stock

FRANKFURT AM MAIN taz | Die Behörden wollen die einzige islamische Kindertagesstätte in Rheinland-Pfalz dichtmachen. Das Mainzer Landesamt für Jugend, Soziales und Versorgung (LJSV) hat dem ­Träger der Einrichtung, dem islamischen Verein Arab Nil-Rhein, wegen Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit zum 31. März die Betriebserlaubnis für die Kita entzogen. Der Verein sei wiederholt durch seine Nähe zu Personen und Inhalten der Salafistenszene und der Muslimbruderschaften in Erscheinung getreten; aus Sorge um das Wohl der Kinder sei die Schließung der Tageseinrichtung für Vorschulkinder „unerlässlich“, sagte der Präsident des Amtes, Detlef Placzek.

Der islamische Trägerverein will die Entscheidung nicht hinnehmen. „Wir werden klagen und einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht einreichen, um die Schließung zu verhindern“, sagte der Vereinsvorsitzende Samy Elhagrasy der taz am Donnerstag. Die Vorwürfe der Behörden wies er zurück.

Die Kita Al-Nur ist eine kleine Einrichtung in einem schmucklosen mehrstöckigen Gebäude am Rande der Mainzer Neustadt. Sie trägt den Namen des Bergs, auf dem nach der Überlieferung der Prophet Mohammed durch den Erzengel Gabriel die Offenbarung erhalten haben soll. Auch die benachbarte Moschee trägt den Namen des „Lichtbergs“, angegliedert ist zudem eine Koranschule.

In der Kita betreuen die MitarbeiterInnen täglich bis zu 25 Grundschulkinder. In den Konzepten bekennt sich das Team zu den demokratischen Grundwerten, zum interkulturellen und überreligiösen Dialog. Allerdings lässt das Konzept keinen Zweifel an der religiösen Ausrichtung. So stehen neben „der Liebe zu Allah und seiner Schöpfung“ auch „Prophetengeschichten“ auf dem Lehrplan.

Schließung sei Zugeständnis an die AfD

„Wir lehnen jede Form von Extremismus ab, wir stehen zur demokratischen Grundordnung“, versicherte der Vereinsvorsitzende der taz. Er erkläre sich die angedrohte Schließung als Zeichen für das veränderte Klima hierzulande, ein Zugeständnis an AfD und Rechtspopulisten: „Man zielt auf uns, weil man sich davon für die rheinland-pfälzische Kommunalwahl am 19. Mai etwas verspricht.“

Doch die Aufsichtsbehörde sieht das anders. Seit 2012 sei die Einrichtung durch zweifelhafte Kontakte in den Fokus des Verfassungsschutzes geraten, sagt das Landesjugendamt. So hatte im Dezember 2012 der Prediger Muhammad El-Ariffi den Verein besucht, der für seine homo­phoben und frauenfeindlichen Positionen berüchtigt ist. Der Verein habe als Anlaufstelle für Studenten der Online-Universität von Bilal Philps gedient, der mit dem islamistischen Aktivisten Pierre Vogel zuammenarbeite, heißt es zudem von der Behörde.

Der Vereinsvorsitzende Elhagasry berstreitet die Kontakte mit islamischen Aktivisten nicht, bewertet die Vorgänge jedoch anders. So habe sich der Verein von El-Ariffis Thesen distanziert, sagt der Vorsitzende. Den Studenten der umstrittenen Online-Universität habe man „insgesamt zweimal“ einen Rechner zur Verfügung gestellt, „wie in einem Internetcafè“, versicherte er der taz. Jugendamtspräsident Placzek kontert: „Das Verhalten folgt immer einem klaren System: Der Verein als Träger der Kindertagesstätte, vertreten durch seinen Vorsitzenden, räumt immer dann Sachverhalte und Kontakte ein, wenn diese bekannt werden. Dann erfolgt eine Distanzierung.“

Die Behörde sieht der Klage des Trägervereins offenbar gelassen entgegen. Für jedes betroffene Kind werde man einen Kita-Platz in einer anderen Einrichtung anbieten, versichert die Stadt.

CDU sieht Kinder gefährdet

Aus dem Landtag kommt Beistand für die Entscheidung. „Es liegen offenbar verschiedene Hinweise mit Bezug zu salafistischen Tendenzen und zur Muslimbruderschaft vor, so dass die richtige Konsequenz gezogen worden ist,“ erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Regierungspartei SPD, Martin Haller gegenüber der taz.

Die familienpolitische Sprecherin der CDU im Landtag, Simone Huth-Haage, warf der Landesregierung dagegen vor, mit diesem Schritt viel zu lange gewartet zu haben. „Es geht hier nämlich nicht um die mangelhafte Umsetzung baurechtlicher Vorgaben, sondern um die Gefährdung von Kindern im Kontext verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Die Prüfung des Landesjugendamtes hat ergeben, dass der Trägerverein nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht.“

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