Mapuche-Proteste in Argentinien: Einsatzkräfte schießen auf Teilnehmer

Eine Spezialeinheit tötet einen 21-Jährigen, weitere Menschen werden verletzt. Sie hatten für die Rückgabe von Land an die Mapuche demonstriert.

Ein alter Mann hält ein Foto in der Hand.

Mapuche-Aktivist mit dem Foto des getöteten Rafael Nahuel bei einer Demonstration am Sonntag Foto: reuters

BUENOS AIRES taz | Rafael Nahuel ist tot. Der 21-Jährige starb am Samstag an den Folgen einer Schussverletzung, die er beim Einsatz einer Spezialeinheit der argentinischen prefectura gegen eine Protestaktion des Mapuchevolkes erlitten hatte. Zwei weitere Mapuche wurden ebenfalls durch Schüsse verletzt.

Mitglieder der Mapuchegemeinschaft Winkul Mapu hatten ein Gelände am Mascardi See in der patagonischen Provinz Río Negro besetzt, rund 35 Kilometer von der Provinzhauptstadt Bariloche entfernt. Sie forderten die Aufnahme von Verhandlungen über die Rückgabe ihrer angestammten Ländereien.

Das Gelände gehört der staatlichen Nationalparkverwaltung. Die hatte einen richterlichen Räumungsbeschluss erwirkt, woraufhin am Donnerstag die Einheiten „Albatros“ und „GEOP“ zur Räumung aufbrachen. Albatros ist eine Einheit der prefectura, einer staatlich-paramilitärischen Polizei, die eigentlich für den Küsten- und Gewässerschutz zuständig ist. Die Grupo Especial de Operaciones Federales (GEOP) ist eine Spezialeinheit der Bundespolizei für Terrorismusbekämpfung.

Am Samstag war die Einheit „Albatros“ abermals ausgerückt. Dabei soll sie neuerrichtete Barrikaden und eine Gruppe zwischen 10 und 20 Personen vorgefunden haben. Für die Behauptung, die Mapuche hätten Schusswaffen bei sich getragen, wurden bisher keine Beweise vorgelegt und die einzigen die Schusswunden erlitten, sind Mapuche.

„In die Baumkronen geschossen“

In einer vierseitigen Erklärung des Sicherheitsministeriums werden die Berichte der eingesetzten Uniformierten wiedergegeben. So sei die Aggression von der Gegenseite ausgegangen, diese hätte mit Steinen, Schleudern und Speeren angegriffen. Schusswaffen seien gesehen worden. „Kriegsrufe – gritos de guerra“ und „Wir werden sie töten, es sind wenige, es sind nur vier“ seien ebenso zu hören gewesen wie Schüsse aus großkalibrigen Waffen.

Die Einsatzkräfte hätten erst als sie sich in Unterzahl befanden, mit scharfer Munition in Richtung der umstehenden Baumkronen geschossen, heißt es darin.

Dass die Regierung so schnell und scharf reagiert, zeigt wie blank ihre Nerven seit Monaten liegen. Anfang August war der 28-jährige Santiago Maldonado nach der Räumung einer Straßenblockade der Mapuche in der Provinz Chubut spurlos verschwunden und 79 Tage später tot aufgefunden worden.

Gerade war der Fall aus den Schlagzeilen der Meinungspresse verschwunden, verschwand ein U-Boot der argentinischen Marine in den Tiefen des Südatlantiks. Von der ARA San Juan und ihrer 44-köpfigen Besatzung fehlt auch knapp zwei Wochen nach ihrem Abtauchen jede Spur.

Sicherheitsministerin Patricia Bullrich goss zusätzlich Öl ins Feuer. „Es handelt sich nicht um eine Protestgruppe, sondern um Methoden einer bewaffneten Gewalt, die für die Demokratie und den Rechtsstaat unannehmbar ist“, so Ministerin Bullrich. Woraus die konservative Tageszeitung La Nación am Sonntag die Schlagzeile einer „Kriegserklärung“ der Mapuche gegen den Staat ableitete.

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