Masterplan zur Sanierung der Ems: Die Ems ist erledigt

Der Masterplan Ems soll den toten Fluss sanieren und es der Meyer-Werft ermöglichen, ihre Schiffe zur Nordsee zu bugsieren. Keiner weiß, wie das gehen soll.

Schafft es nur bis zur Nordsee, wenn die Ems gestaut wird: Kreuzfahrtschiff der Meyer-Werft. Bild: dpa

EMDEN taz | Mit einer knappen Mehrheit von 26 zu 23 Stimmen hat der Kreistag Leer am Dienstagnachmittag dem Masterplan Ems zugestimmt. Dabei hat keiner der Abgeordneten den Plan so recht verstanden. Die Parteien im Landkreis sind gespalten und die Menschen der Region gegeneinander aufgebracht.

Jahrzehntelang wurde die Ems für die Papenburger Meyer-Werft ausgebaggert und begradigt. Niemals beteiligte sich die Werft an den anfallenden Kosten. Dafür haben alle Landesregierungen und Behörden spätestens seit 2003 gegen alle Naturschutzrichtlinien der EU-Kommission verstoßen.

Um dem jetzt drohenden EU-Vertragsverletzungsverfahren zu entgehen, wurde der Masterplan Ems zur Sanierung des Flusses erfunden. Eine außerparlamentarische Allianz – der Lenkungskreis – aus Vertretern der Landesregierung, der Umweltverbände, der Meyer-Werft sowie der Landkreise Leer und Ems und der Stadt Emden sollte diesen Masterplan einstimmig der EU als „Versöhnungsgeschenk“ anbieten.

„Historisch“ nannten die RednerInnen des Kreistages die Sitzung zu der rund 1.200 Besucher in die Viehauktionshalle nach Leer gekommen waren. Ein Drittel davon waren Arbeiter der Meyer-Werft in Arbeitskluft. Viele Bauern rückten mit ihren Treckern an und legten die Innenstadt von Leer lahm. Sie befürchten, Flächen zu verlieren, wenn der Masterplan umgesetzt wird.

Trotz Protesten ist die Ems immer wieder für die Schiffe der Meyer-Werft angepasst worden. Das sichert Tausende von Arbeitsplätzen bei der Werft und den Zulieferern.

Schäden am Fluss: Der Verlauf der Gezeiten ist gestört, große Mengen von Schlick werden flussaufwärts gedrückt und müssen mit Millionenaufwand ausgebaggert werden.

Der „Masterplan Ems 2050“ besteht aus drei Schwerpunkten und mehr als 30 Einzelmaßnahmen. Er soll die Wasserqualität der Ems verbessern und vor allem das Schlickproblem lösen.

Ein „Klärungsbrief“ zum Plan des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) hat beim Landkreis in letzter Minute den Ausschlag für die Zustimmung gegeben.

Zwei Tage vor der Kreistagssitzung hatten sie Mahnfeuer als Protest gegen den Masterplan abgebrannt. Eine Strohfigur mit einem Schild „CDU“ um den Hals ging in Flammen auf. „Die sollen brennen, die Schweine“, schrie ein Landwirt aus Großwolde in eine Videokamera.

Die Leeraner CDU hatte sich bis vor Kurzem noch geschlossen gegen den Masterplan ausgesprochen. Nach einer Intervention der Papenburger CDU war sie eingebrochen. Der Scham, mit einem Veto die Schiffsüberführungen der Meyer-Werft zu gefährden, wollte sich die Leeraner CDU dann doch nicht aussetzen.

CDU-Fraktionschef Dieter Baumann versuchte, sich mit einer krachenden Rede an die Schultern der Bauern zu drängen: „Wir sind gegen den Masterplan, werden aber von den Naturschutzverbänden erpresst“, behauptete Baumann.

WWF, BUND und Nabu hatten mit der Meyer-Werft einen Pakt geschlossen, der noch weitgehend geheim ist. Immerhin verzichten die Verbände auf ihr Verbandsklagerecht bis 2019. Damit kann die Werft ihre bisher georderten Schiffe problemlos durch die Ems fädeln. Im Gegenzug mischt sich die Werft nicht in die Naturschutzprojekte der Verbände ein. Die CDU war in ihrem Abstimmungsergebnis trotzdem gespalten, wie jede Fraktion im Leeraner Kreistag. Nur die drei Abgeordneten der rechtspopulitischen AWG stimmten geschlossen gegen den Plan.

Hajo Rutenberg, Sprecher der Grünen-Fraktion und Mitglied der BI „Rettet die Ems“, kritisierte, der Masterplan funktioniere nicht. Die Maßnahmen seien zu unkonkret und die Kosten nicht kalkulierbar. „Wir werden damit nicht einmal die EU zufriedenstellen können“, warnte er.

Alle RednerInnen beklagten den Druck, der auf sie ausgeübt wurde. Der Generalsekretär der niedersächsischen CDU, Ulf Thiele, die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Johanne Modder und die grüne Landesvorsitzende Meta Janssen-Cucz sind Kreistagsmitglieder und haben versucht, ihre Gefolgsleute auf Masterplankurs zu bringen.

Am Ende jubelten die Meyer-Arbeiter und die Leeraner Bauern waren entsetzt. WWF, BUND und Nabu hielten sich fern. Die Verbände haben die Aktivisten vor Ort gespalten. „Die sitzen lieber in den Gremien und kassieren, vor Ort sieht man die nicht“, behauptete ein Aktivist, der ein Schild hoch hielt: „Meyer an die Küste“. Diese einst gemeinsame Forderung aller Umweltschützer zur Lösung der Probleme an der Ems ist mit der Annahme des Masterplans Geschichte.

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