Max Blumenthal und die Klo-Affäre: „Ich bin empört“

Max Blumenthal fühlt sich als Antisemit diffamiert. Im Interview erklärt er, warum er Linken-Fraktionschef Gysi auf dem Weg zur Toilette bedrängte.

Blumenthal und Gysi vor dem Bundestagsklo. Tabelle: Youtube/Pac Nam

taz: Herr Blumenthal, in Deutschland kennt man Sie jetzt, weil Sie Gregor Gysi auf dem Weg zur Toilette bedrängt haben und das Video ins Internet landete. Was sollte das?

Max Blumenthal: Ich habe das Video nicht veröffentlicht. Aber ich habe kein Problem damit und kann die Konsequenzen tragen. Mir war klar, dass konservative Medien mir daraus einen Strick drehen würden. Ich wundere mich nur, dass kaum ein Journalist meine Seite der Geschichte hören wollte. Ich habe sogar bei der Bild-Zeitung angerufen, aber der zuständige Redakteur hat es abgelehnt, mit mir zu sprechen.

Verhält man sich so im Bundestag, wie Sie es getan haben?

Wie soll man reagieren, wenn einem Antisemitismus vorgeworfen wird? Ich bin empört. Das erinnert mich an die McCarthy-Ära. Da hieß es auch: du bist Kommunist. Eine Verteidigung wollte man gar nicht hören, das Urteil stand schon vorher fest.

Aber warum sind Sie deshalb auf Gysi losgegangen? Er sagt, er habe Ihnen nie Antisemitismus vorgeworfen. Das war vielmehr das Simon Wiesenthal Center in Los Angeles.

Gysi hat sich den Vorwurf aber zu eigen gemacht und mit dafür gesorgt, dass wir in Berlin nicht auftreten konnten. Das Simon Wiesenthal Center wird von niemandem in den USA ernst genommen, außer am äußerst rechten Rand der Gesellschaft. Ich staune, dass es in Deutschland linke Politiker gibt, die das ernst nehmen und sich auf solche dubiosen Quellen stützten.

Ich habe in meinem Buch jemanden zitiert, der das Wort „Judeo-Nazis“ benutzt hat – den orthodoxen Philosophen Jeschajahu Leibowitz, einer der berühmtesten Israelis, die je gelebt haben, der zu seinen Lebzeiten in Israel eine ganze Generation von Wehrdienstverweigerern inspiriert hat. Und israelische Politiker sprechen selbst von Lagern, wenn es um die Kasernierung afrikanischer Flüchtlinge in der Wüste geht. Juden sind normale Leute. Sie können auch rassistisch und rechtsextrem sein.

Das ist die Realität. Dieses Land und sein Umgang mit seiner Geschichte aber kommen mir bizarr vor. Ich habe noch nirgendwo ein intellektuell so rückständiges Umfeld erlebt wie hier.

, 36, ist ein US-amerikanischer Journalist und Autor. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum listete Zitate von ihm unter die „zehn schlimmsten antisemitischen Beleidigungen“ 2013.

Sie wollten am 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht von 1938, in der Berliner Volksbühne für einen Boykott Israels werben. War das eine gezielte Provokation?

Nein. Ich betrachte aber auch keinen Tag in meinem Kalender als heilig. Und es empört mich, wenn der Holocaust benutzt wird, um Kritik an Israel zu unterbinden – und dass sich die Kinder und Enkelkinder der Täter anmaßen, Juden wie mich oder David Sheen als Antisemiten zu bezeichnen.

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