Mehr Mitspracherecht bei Großprojekten: Bürgerbeteiligung ist sexy

Die CDU will "frühzeitige Bürgerbeteiligung" zum Bürgerrecht machen, weil es vielen nicht mehr reicht, alle vier Jahre ihre Stimme abzugeben.

Wählen allein - wie hier bei der letzten Bürgerschaftswahl - ist langweilig. Bild: dpa

Mehr Bürgerbeteiligung, das klingt gut, das ist modern und sexy. Das kann man gar nicht nicht wollen. Und niemand will sich hinterher nachsagen lassen, er sei nicht dabei gewesen. „Aktive Bürgerstadt“ soll Bremen werden, das hat die rot-grüne Koalition in ihr Regierungsprogramm geschrieben.

Auf die Anfrage der beiden Fraktionen hin, was denn daraus bisher geworden sei, hat der Senat eine 13-seitige Antwort vorbereitet. Da haben die senatorischen Ressorts aufgelistet, wie gut sie schon sind in Sachen Bürgerbeteiligung.

Die Zusammenfassung des Senats ist ein Meisterwerk rhetorischer Verwaltungskunst: „Als Ergebnis der Bilanz der Bemühungen der Ressorts, Bürgerbeteiligung in ihren Aufgabenbereichen zu unterstützen, werden sich dann darauf aufbauend auch mögliche allgemeinere Vereinbarungen oder Grundsätze zur Förderung der Bürgerbeteiligung entwickeln lassen.“

Soll das vielleicht bedeuten, dass der Bausenator (Grüne) in Zukunft darauf verzichtet, den Prozess einer Bürgerbeteiligung (wie im Falle der A 281) so lange zu ignorieren, bis er vom Bundesverwaltungsgericht eine Niederlage erleidet? Gummiworte geben auf solche Fragen keine Antwort. Auf jeden Fall, so das Senatspapier, soll Bürgerbeteiligung „auf Augenhöhe“ passieren.

Diese eher diffuse Debattenlage nutzt der Kreisverband Bremen-Stadt der CDU von Jens Eckhoff, um die Koalition mit einem ganz konkreten Vorschlag vorzuführen: Neben den formalisierten Verfahren sollte es eine „frühzeitige Bürgerbeteiligung“ bei Großprojekten geben. Vorbilder sind das Beteiligungsverfahren für das Klinikgelände in Hastedt oder das Moderationsverfahren zur Paulinier Marsch aus der Zeit, als Jens Eckhoff noch Bausenator war.

Transparent und offen für alle, die sich betroffen fühlen, soll das Verfahren sein, professionell moderiert. Die Ergebnisse wären nicht formal bindend für den Senat, hätten aber im Zweifelsfall großes politisches Gewicht. Senat, Bürgerschaft oder ein Bürgerbegehren mit 4.000 Unterschriften (in der Stadt Bremen) könnten so ein Beteiligungsverfahren anstoßen und erzwingen, erläuterte die stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende Gabi Piontkowski.

Wenn man überhaupt noch Großvorhaben in dieser Zeit umsetzen will, „dann muss man die Menschen mitnehmen“, so erklärte Jens Eckhoff diese Initiative. Die Konflikte um Großprojekte wie „Stuttgart 21“, den Münchner oder den Berliner Großflughafen hätten durch frühzeitige Bürgerbeteiligung vielleicht entschärft werden und Bauvorhaben damit beschleunigt werden können.

Auch das Prozessrisiko könnte sinken. Ein frühzeitige Beteiligung hätte vielleicht den nachträglichen Runden Tisch überflüssig gemacht und den Planungsprozess der Bremer A 281 beschleunigt. Dass der Finanzier – in diesem Falle der Bundesverkehrsminister – CDU – erklärt hat, er werden das einhellige Ergebnis der Bürgerbeteiligung nicht finanzieren, gehört dabei zum „Letztentscheidungsrecht“ der Politik.

Die Geschwindigkeit, in der die Bremer CDU sich von dem mit ihrer Zustimmung erreichten Konsens am Runden Tisch verabschiedete und sich auf die Seite des Berliner Parteifreundes stellte, das sei „suboptimal“ gewesen, deutete Eckhoff seine Position an. Jedenfalls passt es, vom politischen Stil her gesehen, nicht zu der Idee von mehr Bürgerbeteiligung.

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