Menschrechtsverbrechen in Argentinien: Der Mord an Paco Urondo

Vier Polizisten, ein Ex-Militär und ein Geheimdienstmitarbeiter wurden wegen Menschenrechtsverbrechen während der Militärdiktatur 1976-83 verurteilt.

Im März 1976 übernahm eine mordende Militärjunta die Macht in Argentinien. Bild: afp

BUENOS AIRES taz | Am 17. Juni 1976 fährt der argentinische Schriftsteller und Poet Francisco "Paco" Urondo nach Mendoza. Mit im Wagen sind Alicia Raboy und Angela, die elf Monate alte Tochter der beiden. Urondo ist seit wenigen Wochen Leiter der regionalen Gruppe der Montoneros. Die argentinische Stadtguerilla setzt sich gegen die Militärs zur Wehr, die sich am 24. März 1976 an die Macht geputscht hatten.

In dem Ort Guaymallén wird der Wagen verfolgt und später unter Beschuss genommen. Urondo wird ermordet, Alicia Raboy ist bis auf den heutigen Tag verschwunden, die kleine Tochter wird entführt und in das größte geheime Gefangenenlager der Provinz Mendoza D2 verschleppt. 20 Tage später wird sie von Familienangehörigen gefunden.

Wegen des Mordes an Paco Urondo, dem Verschwinden von Alicia Raboy und Menschenrechtsverbrechen gegen weitere 22 Personen wurden vergangene Woche vier ehemalige Polizisten zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein früherer Militär erhielt eine zwölfjährige Gefängnisstrafe, ein Ex-Geheimdienstmitarbeiter wurde freigesprochen.

Urondo ist einer der großen Dichter Argentiniens. Ein feinfühliger und zunächst surrealer Poet. Der 1930 in Santa Fe geborene Urondo kam von der Literatur zur Politik. "Ich habe zur Waffe gegriffen, weil ich das gerechte Wort suche", sagte er. 1973 veröffentlicht er das Interview "Das erschossene Vaterland" (La Patria fusilada).

Selbst kurzzeitig inhaftiert, trifft Urondo im Gefängnis auf die drei Überlebenden der Ereignisse vom 22. August 1972. Damals wurden im Gefängnis der Stadt Trelew 16 politische Gefangene nach einem Ausbruchsversuch erschossen.

Der Prozess hatte am 17. November 2010 gegen zunächst zehn Angeklagte begonnen, von denen am Ende noch sechs auf der Anklagebank saßen. Ein ehemaliger General war gestorben, zwei Exmilitärs und ein Expolizist kamen aus Gesundheitsgründen um das Ende des Verfahrens herum. Die Anklage lautete auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 24 Fällen.

Dieses Urteil fiel im ersten Prozess wegen Menschenrechtsverbrechen während der Militärdiktatur in der Provinzhauptstadt Mendoza seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1983.

"Dieser Akt der Gerechtigkeit gibt uns das beruhigende Wissen, dass wir nicht mehr mit den Massenmördern durch dieselben Straßen gehen", so Angela Urondo über das Urteil.

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