Mieter-Vertreter über Mietpreisbremse: „Das Gesetz ist mangelhaft“

Reiner Wild vom Mieterverein Berlin glaubt nicht an eine Preisdämpfung durch die geplante Neuregelung. Die Politik wolle sich nicht mit der Vermieterlobby anlegen.

Hausfassade eines sanierten Altbaus

Schön saniert und schön teuer Foto: dpa

taz: Herr Wild, die Mietpreisbremse soll reformiert werden. Wird der Mietenanstieg jetzt begrenzt?

Reiner Wild: Nein, eine wirkliche Preisdämpfung bei Wiedervermietungen wird es durch diese Regelung nicht geben.

Aber darum müsste es doch in dem Gesetz gehen, das sagt doch schon der Name.

Richtig, das war die Intention. Die Knappheit auf den Wohnungsmärkten sollte nicht voll zu Lasten der Mieter gehen. Um eine sozial brisante Lage durch immer höhere Wiedervermietungspreise zu vermeiden, sollte eine Bremse eingeführt werden. Die Erfolglosigkeit dieses Versuches wegen eines mangelhaften Gesetzes ist aber offensichtlich. Zum einen steigt das Niveau der Wiedervermietungsmieten weiter deutlich an, was auf die vielen Ausnahmen in dem Gesetz und die Vermieterverstöße zurückzuführen ist. Zum anderen setzen Mieter zu selten ihre Rechtsansprüche um und vermeiden in der schwierigen Marktsituation den Streit mit dem Vermieter.

Die Hauptprobleme des Gesetzes werden nicht angegangen?

Die Ausnahmen, die das Gesetz wirkungslos machen, bleiben bestehen. Wenn die Vormiete über der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent liegt, darf die Mietpreisbremse auch künftig weiter überschritten werden. Jede Umgehung der Mietpreisbremse, von denen es zahlreiche gab, sorgt also dafür, dass Vermieter bei einer Neuvermietung wieder den überhöhten Mietpreis verlangen können. Der Gesetzgeber hat diese Regelung mit Verweis auf die Verfassung begründet. Das halten wir für vorgeschoben: Man wollte sich mit der Vermieterlobby nicht anlegen. Ohne Beseitigung dieser Ausnahmeregelung und einer Bußgeldandrohung kommen wir nicht zu einer Dämpfung.

63, arbeitet seit 1981 beim Berliner Mieterverein und ist seit 2009 Geschäftsführer. Er studierte Soziologie in Konstanz und Berlin und sitzt im Präsidium des Deutschen Mieterbundes.

Sehen Sie dennoch Verbesserungen in dem vorliegenden Entwurf?

Ja, es gibt eine neue Transparenz. Will ein Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als zehn Prozent überschreiten, muss er dem Mieter gegenüber benennen, welche Ausnahmen dies rechtfertigen. Tut er dies nicht, darf er sich künftig nicht mehr im Nachhinein auf die Ausnahmen berufen, etwa darauf, dass die Vormiete bereits darüber lag. Wenn Vermieter die neuen Transparenzansprüche erfüllen, bleibt es weiter bei der Möglichkeit Mieten über der Mietpreisbremse zu verlangen.

Wie bewerten Sie die Begrenzungen der Mietpreissteigerungen nach Sanierungen?

Die angestrebten Veränderungen sind nicht hinreichend. Es soll eine Reduzierung der Mieterhöhung nach Modernisierung von elf auf acht Prozent jährlich der Investitionskosten geben. Das ist bei dem derzeitigen Zinsniveau überhaupt nicht angemessen. Die Mietsteigerungen nach Modernisierung werden weiter dramatisch hoch sein. Vermieter werden einfach das Investitionsvolumen erhöhen. Wir schlagen vier Prozent vor, bzw. eine Abschaffung dieser Umlagemöglichkeit und eine Integration in das System der ortsüblichen Vergleichsmiete. Diesen Schritt will die Bundesjustizministerin mit ihrem Entwurf nicht gehen. Das ist sehr bedauerlich.

Berlin hat vor einer Woche eine Bundesratsinitiative zum Thema beschlossen. Was ist daran besser?

Bei der Modernisierung ist eine Kappung bei sechs Prozent vorgesehen. Zusätzlich soll auf angespannten Wohnungsmärkten die ortsübliche Vergleichsmiete auch nach Modernisierung nicht um mehr als zehn Prozent überschritten werden dürfen. Das wäre eine sehr gute Lösung, die auch in den jetzigen Entwurf der Bundesregierung aufgenommen gehört. Auch sonst geht Berlin deutlich über Barley hinaus und will etwa die Vormieterregelung bei der Mietpreisbremse abschaffen.

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