Migrationszusammenarbeit mit Afrika: Das Recht auf Schutz entfällt

Die EU will Migranten in Transitländern Angebote zur „freiwilligen Rückkehr“ machen. Niger und Tschad erwarten mehr als Versprechungen.

Viele Männer sitzen an einem Verhandlungstisch im Elysée-Palast

Verspricht viel, wenn der Tag lang ist: der französische Präsident Emmanuel Macron (oben 2.v.l.) Foto: ap

BERLIN taz | „Über Asyl wird in Afrika entschieden“ – auf diese Formel brachte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Ergebnisse des Migrationsgipfels von Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland sowie den Transitstaaten Niger, Libyen und Tschad am Montag in Paris. Weitere EU-Staaten könnten sich dem Programm anschließen, heißt es im Abschlussdokument des Gipfels.

Niger, Libyen und Tschad sollen Geld, Ausbildung und Material erhalten, damit sie die gigantischen Wüstengebiete im Norden Afrikas besser kontrollieren können. Migranten, die sich in den drei Ländern aufhalten, sollen Angebote zur „freiwilligen Rückkehr“ gemacht werden. Vor allem aber wollen die Europäer dort sogenannte Schutzmissionen aufbauen.

Einzelheiten dazu werden im Beschluss nicht genannt – doch gedacht wird offenbar an Lager, in denen Libyen, Niger und Tschad die Flüchtlinge registrieren. Dann soll das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Asyl-Vorverfahren durchführen und europäische Beamte sollen Sicherheitschecks bei Ausreisekandidaten durchführen.

Wie viele Menschen letztlich so nach Europa kommen sollen, bleibt offen: Alle Mitgliedsstaaten würden darüber „freiwillig“ entscheiden, heißt es. Das bedeutet auch: Der Rechtsanspruch, den Schutzsuchende etwa in Deutschland, aber auch anderen europäischen Ländern haben, entfällt. Eine Klage auf Aufnahme dürfte kaum mehr möglich sein.

Aus diesem Grund hatte sich der UNHCR jahrelang dagegen versperrt, im Auftrag Europas solche Asylverfahrenslager in Drittstaaten zu betrieben. „Es wäre ein sehr weiter Weg, bevor Kooperationen möglich sind, die im Einklang mit internationalem Recht stehen“, sagte der UNHCR-Europaleiter Vincent Cochetel 2015 der taz dazu. „Solche Projekte in Libyen zu starten ist ausgeschlossen, dort ist das Leben der Menschen in Gefahr. Andere Staaten bräuchten sehr weitgehende Hilfen.“

Niger und Tschad fordern mehr Geld

Mittlerweile dürfte sich die Lage eher verschlechtert haben. Denn das Hauptaufnahmeland für Flüchtlingsumsiedlungen waren stets die USA, wo Präsident Donald Trump Ende Januar die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesetzt hat.

Um die Bereitschaft zur Flüchtlingsaufnahme mit je 10.000 Euro zu fördern, hatte die EU-Kommission im Juli 377 Millionen Euro zurückgelegt, was etwa 37.700 Flüchtlingen entspräche. Das Geld ist für Staaten bestimmt, die Flüchtlinge aus Nordafrika aufnehmen. Ähnliche, nicht an bestimmte Regionen gebundene Mittel bietet Brüssel EU-Staaten allerdings schon länger an – ohne dass dies die Neigung zur Aufnahme erhöht hätte.

EU-Beamte sollen Sicherheitschecks bei Ausreisekandidaten durchführen

Gleichwohl begrüßte UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi am Dienstag die Beschlüsse von Paris. „Das Versprechen, mehr Umsiedlungsmöglichkeiten für alle Menschen mit internationalem Schutzbedarf aus allen Regionen entlang der zentralen Mittelmeerroute bereitzustellen und den Umverteilungsprozess aus Italien und Griechenland in andere EU-Länder zu beschleunigen, ist besonders erfreulich.“

Fordernder klangen die Präsidenten von Niger und Tschad, Idriss Déby Itno und Mahamadou Issoufou. Ihre Länder haben in den vergangenen Monaten begonnen, eng mit der Europäischen Union zu kooperieren. Jetzt fordern sie mehr Geld: „Wir sind Versprechungen unserer europäischen Partner seit Jahren gewöhnt, jetzt wollen wir konkrete Dinge“, so Deby. Niger, Tschad und Libyen wurden aus dem EU-Nothilfefonds für Afrika in den letzten Monaten mehrere Hundert Millionen Euro zugesagt.

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