Minderheitenrechte in Niedersachsen: Arme, kleine FDP

Der niedersächsische Landtag hat den Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) im Amt bestätigt. Die FDP sieht Minderheitenrechte übergangen.

Stefan Birkner gibt Stephan Weil Blumen

Mit einer Mahnung: Stefan Birkner (FDP) überreicht Stephan Weil (SPD) Blumen. Foto: dpa

HANNOVER taz | Für die FDP ist die Große Koalition in Niedersachsen wie ein großer, dicker Elefant: Sie kann sich überall einen Weg bahnen, muss aber aufpassen, dass sie die Kleinen nicht zertrampelt. An dem Blumenstrauß, den FDP-Fraktionschef Stefan Birkner dem frisch wiedergewählten Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) überreichte, steckte deshalb ein Papp-Warndreieck mit Elefantensymbol.

Doch schon in der ersten Sitzung des neu gewählten Landtags fühlten sich die Liberalen von SPD und CDU übergangen. Die Groko hält 105 der 137 Sitze im Landtag und hat angesichts dieser riesigen Mehrheit schon selbst im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie „verantwortungsbewusst und fair“ mit ihrer Übermacht umgehen will. „Dazu gehört es, die Minderheitenrechte im Niedersächsischen Landtag zu sichern und eine lebendige Parlamentskultur zu fördern“, schreiben die Koalitionäre.

Als es gestern jedoch um die Besetzung der Posten im Landtagspräsidium ging, entschied sich die Groko für eine Minderheitsbeteiligung light. Das Präsidium besteht aus der Landtagspräsidentin, die ein doppeltes Abgeordnetengehalt bezieht und bisher drei Stellvertretern, die immerhin noch 40 Prozent mehr Gehalt bekommen. In das Präsidium werden normale Abgeordnete gewählt, die dann überparteilich die Landtagssitzungen leiten und das Haus nach außen repräsentieren.

Die Oppositionsparteien hatten gefordert, dass auch sie einen dieser repräsentativen und auch profitablen Posten bekommen, um als Minderheit sichtbar zu sein. Die Groko hat auch tatsächlich einen zusätzlichen Stellvertreterposten geschaffen. Der hätte rechnerisch der SPD zugestanden, die gab ihn jedoch an Meta Janssen-Kucz von den Grünen ab. Nun wäre es an der CDU gewesen, ebenfalls einen Posten an die FDP abzugeben, doch die entschied sich per Mehrheitsbeschluss dagegen, wie der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Jens Nacke sagt.

Die FDP kocht. „Da fehlt uns das Verständnis für“, sagt Birkner. Es sei offensichtlich, „dass es hier innerhalb der Union viele Begehrlichkeiten gegeben hat, die man auf diesem Wege zu befriedigen versucht hat“. Die beiden Stellvertreterposten der CDU gingen an Frank Oesterhelweg, der in Bernd Althusmanns Schattenkabinett noch als Umweltminister vorgesehen war und an Bernd Busemann, der in der vorigen Legislaturperiode selbst Landtagspräsident war.

Die Liberalen hatten noch einen weitergehenden Vorschlag eingebracht: Sie forderten, dass die vier Stellvertreterposten wie im Bundestag unter allen Fraktionen aufgeteilt würden. Da die SPD bereits durch die Landtagspräsidentin Gabriele Andretta vertreten gewesen wäre, hätte das bedeutet, dass CDU, FDP, Grüne und die AfD jeweils einen Posten bekommen hätten. Das aber wollten die großen Parteien nicht.

Birkner hätte es richtig gefunden, dass auch die AfD einen Platz bekommt. „Nicht weil ich die AfD gut finde, aber sie ist parlamentarische Realität.“ Jeder Versuch die AfD auszugrenzen stärke ihre Opferrolle. „Wir wollen die AfD inhaltlich in den Gremien stellen.“

Die FDP hatte auch in der vergangenen Legislaturperiode keinen Stellvertreterposten, dafür allerdings die damals Oppositionelle CDU. Diesen Zustand, dass eine Oppositionsfraktion beteiligt ist, habe die Groko wiederhergestellt, argumentiert Wiard Siebels (SPD). Zudem wolle die Groko in Zukunft bei anderen Minderheitenrechten, wie der Einberufung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses oder der Forderung nach Akteneinsicht auf die Oppositionsparteien zugehen.

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