Mitt Romneys Kandidatur-Rede: Die Krönung ist vollbracht

Vielen US-Republikanern ist Mitt Romney zu elitär, zu glatt und zu liberal. In seiner Antrittsrede als Kandidat für die Präsidentschaft versucht er sich anzunähern.

Das Ende von vier Tagen Pathos: Romney (2.v.l.) im Ballonbad. Bild: reuters

TAMPA taz | Als die Tausenden Luftballons und der ganze Glitter von der Hallendecke schweben, ist alles vorbei. Vier Tage Pathos und amerikanischer Größenwahn, vier Tage lang beschwörende Reden über ein neues, besseres Amerika und Hymnen auf das republikanische Führungs-Duo, vier Tage scharfe Angriffe auf die Obama-Regierung und Aufzählungen persönlicher Verfehlungen des Präsidenten.

Und während die Ballons und das Glitzerpapier das Tampa Bay Forum in einen blau-weiß-roten Kindergeburtstag verwandeln und James Brown „Living in America“ aus den Lautsprechern singt, da hat es Mitt Romney geschafft. Die wichtigste Rede seiner bisherigen Amtszeit ist vorbei.

Romney, nicht gerade als begeisternder Redner bekannt, lieferte den erwarteten Rundumschlag. Uninspiriert, aber solide. Nicht sehr menschelnd, aber besser als befürchtet. Er sprach von der Wiederbelebung des „amerikanischen Traums“ und der lahmenden amerikanischen Wirtschaft, von fehlenden Jobs und zu viel Einmischung des Staates, von falschen Steuern für die amerikanische Mittelschicht und von der Rolle der Frau in Familie und Gesellschaft, von den Verfehlungen der Obama-Administration und von Religionsfreiheit. Dazwischen: viel, viel Persönliches.

Nach anfänglicher Konzeptlosigkeit kam er gar zu Inhalten: Mitt Romney präsentierte einen Fünf-Punkte-Plan, mit dem er 12 Millionen neue Jobs schaffen und das Land wieder nach vorne bringen will. Bis 2020 sollen die USA unabhängig von Öl und Gas aus dem Ausland sein, das Bildungssystem soll gestärkt und neue internationale Handelsverträge geschlossen werden. Der Haushalt soll unter seiner Präsidentschaft ausgeglichen und die Steuern für Unternehmen gesenkt werden.

Kein ideologischer Kern?

Die Kritik, seine Politik habe keinen ideologischen Kern und er würde seine Haltung gern mal ändern, klebt seit einiger Zeit an ihm. Deshalb tat er in seiner Rede alles Erdenkliche, um sich eine Ideologie zu verpassen, die massenkompatibel mit der republikanischen Basis ist. Vielen dort gilt er als zu elitär, zu glatt, dem konservativen Flügel ist er zu liberal. Die entscheidende Rede also, mit der er das von den Demokraten in den vergangenen Wahlkampfwochen gezeichnete Bild vom superreichen, weltfremden Unternehmer gerade rücken musste.

Wenn es nach den Delegierten, Delegiertenvertretern und sonstigen Parteianhängern in der Arena geht, dann ist ihm das gelungen. Auch wenn einige andere Redner an diesem Abend deutlich mehr Applaus bekamen. Clint Eastwood, zum Beispiel, der als Überraschungsredner auftrat und trotz altersbedingter Tattrigkeit und nuscheliger Stimme die Halle mit seinem Sketch-artigen Auftritt zum Jubeln brachte. Oder auch Marco Rubio, Senator aus Florida mit kubanischen Wurzeln. Jung und eloquent. Seine Rede hielten vielen für inspirierter und pointierter, als die von Romney.

Mit ihm als Vorredner erreichte Romney jedenfalls alle Hispanics im Saal – eine nicht unbedeutende Wählergruppe, die nach wie vor eher ihr Kreuz bei den Demokraten macht. Sie wollte Romney ebenso überzeugen, wie die Frauen. Auch sie wählen statistisch gesehen eher Barack Obama. Deshalb wurde Romney auch nicht müde, seine Ehefrau Ann zu loben und alle amerikanischen Mütter und Großmütter gleich mit. Am Ende auch sich selbst: Habe er in seiner Zeit als Gouverneur von Massachusetts doch die Zahl der Frauen in Führungspositionen erheblich gesteigert.

Perfekt inszenierter Staatsmann

Unterstützung bei der Inszenierung eines perfekten Staatsmannes bekam Romney an diesem letzten Parteitagsabend von zahlreichen Wegbegleitern. Von Vertretern seiner Mormonen-Kirche und einem Dutzend amerikanischer Olympioniken, von ehemaligen Arbeitskollegen und Mitarbeitern. Alle sollten sie auch den letzten Zweiflern im Saal – und davon gab es einige, die sich teils lautstark bemerkbar machten – endlich die ganz persönliche Seite ihres Präsidentschaftskandidaten zeigen.

So sah und hörte man Romney, den liebevollen Ehemann und Vater. Romney, den perfekten Nachbarn, der sich um seine Mitmenschen sorgt. Romney, den glaubensstarken Mormonen-Pastor, der viele Stunden freiwillige Gemeindearbeit leistet. Romney, den geschickten Verhandlungspartner, der die Olympischen Spiele 2002 in Salt Lake City vor dem Bankrott bewahrte. Romney, den erfolgreichen Geschäftsmann, der weiß, wie man Arbeitsplätze schafft.

Und das ist dann auch sein Hauptziel – mit dem er sich am Ende unter dem Jubel von Tausenden für die Wahl am 6. November empfiehlt. Krönungsmesse beendet – Erleichterung nicht nur bei Mitt Romney.

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