Motivierendes von Trainer Jürgen Klopp: „In guten wie in schlechten Zeiten“

Bei einem Motivationsvortrag in Frankfurt zeigt sich Jürgen Klopp als Kämpfer. Einen Rücktritt als BVB-Coach schließt er aus.

Er hat viel gelernt: Jürgen „Kloppo“ Klopp ist seit sechs Jahren BVB-Trainer und gibt nun seine Weisheiten weiter Bild: reuters

So ein Vortrag zeugt von gesundem Selbstbewusstsein. Sonst wäre Jürgen Klopp mitten in der größten Krise seiner 2008 begonnenen Amtszeit bei Borussia Dortmund nicht der Einladung eines Freundes gefolgt, um einen Vortrag zum Thema „Motivation & Führung“ zu halten. Der vom ZDF-Moderator Béla Réthy interviewte Coach erprobte im „Frankfurter Hof“ den verbalen Befreiungsschlag.

Über die Gründe der Talfahrt: „Es gibt 28 Spieler und damit 28 Gründe. Wir haben Verletzungen, wir bekommen Gegentore, die an Lächerlichkeit nicht zu überbieten sind. Dass das am Selbstbewusstsein meiner Spieler nagt, ist menschlich, aber trotzdem falsch. Meine Mannschaft lebt extrem davon, dass sie zusammenarbeitet; dass sie sich gemeinsam stärker macht, aber wenn diese Zusammenarbeit nicht stattfindet, fehlt etwas. Unser größtes Problem sind aktuell die elf Punkte. Und die anderen in der Liga sind wie die Löwen: Ein angeschossenes Tier wird weggemacht.“

Über den Umgang mit der Krise: „Du stellst als Trainer fest, dass sich Menschen in der Krise verändern: Es ist so, als wenn sie in einer Hütte eingeschneit sind – draußen ist Sturm und Eis –, und wenn alle rauswollen, stellt man fest, dass es nicht alle packen, weil nicht alle über einen gewissen Punkt gehen können. Krisen gehören im Fußball dazu, um den Erfolg wertzuschätzen. Wer auf die Geschichte zurückblickt, stellt fest, dass es das Schönste ist, sich herauszuarbeiten, wenn einen alle schon abgeschrieben haben. Später sagt man dann, wisst ihr noch, wie wir daraus eine geile Geschichte gemacht haben.“

Über einen möglichen Rücktritt als Trainer: „Wenn man etwas so sehr will wie ich, und man bekommt es nicht, dann nagt das an einem. Ich bin ein Kämpfer. Und ich bin ein besserer Trainer als 2012. Das Problem ist nur, dass man es an der Tabelle leider nicht ablesen kann. Ich bin niemand für einen Rücktritt oder Ähnliches. Ich mache etwas ganz oder gar nicht. Und solange der BVB das auch möchte, stehe ich komplett zur Verfügung. Das ist wie in einer Ehe – man hält zusammen in guten wie in schlechten Zeiten. Ich weiß nicht, ob es diesen Moment gibt, dass ich die Schnauze voll habe. Vielleicht, wenn wir am Freitag 0:14 gegen Hoffenheim verlieren sollten.“

Über die Kritik: „Ich habe keine Zeitung gelesen, aber mich haben Leute angerufen, die gesagt haben, dass es ein schönes Bashing gab. Die Kritik ist menschlich. Auch die Pfiffe verstehe ich. Sie sind völlig normal. Nur jeder, der pfeift, muss sich hinterfragen, ob es einem hilft, wenn jemand sagt: ’Du bist zu doof, um in den Schnee zu …'“

Über Abnutzungserscheinungen: „Die richtigen Worte zu finden macht einen Großteil meines Jobs aus. Ich reagiere auf die Situation, und wir sind in einer Extremsituation. Im Moment hängen die Spieler an meinen Lippen, und wir wollen gemeinsam zurückschlagen.“

Über die These, dass der Dortmunder Führungsebene ein Typ wie Matthias Sammer fehlt: „Der fehlt bei Borussia Dortmund nicht. Entschuldigung, aber diese Vorlage musste ich nutzen.“

Über das Spiel am Freitag gegen die TSG Hoffenheim: „Wir haben ihnen im vergangenen Jahr doch den Klassenerhalt geschenkt. Die sind nur deshalb noch in der Bundesliga. Das macht unseren Rucksack aber nicht kleiner. Das größte Problem für meine Jungs ist doch, vor 80.000 unter Druck fehlerfrei Fußball zu spielen.“

Über das Auf und Ab in seinem Beruf: „Ich fühle mich als Trainer für eine Niederlage dramatisch verantwortlich. Es ist relativ einfach, mit 8,4 Promille auf einem Lastwagen zu stehen, durch die Dortmunder Innenstadt zu fahren und sich feiern zu lassen. Es ist ungleich schwieriger in unserer momentanen Situation, das Gesicht des Vereins zu sein. Wir bei Borussia Dortmund tun alles, um den Bock umzustoßen. Wer nur an einer absoluten Erfolgsgeschichte beteiligt sein möchte, hat nur eine Chance: der muss Fan des FC Bayern werden.“

Über Probleme und Krisen in seinem Leben: „Ich habe nie angenommen, dass mir mein Leben lang die Sonne aus dem Arsch scheint. Die meisten in meiner Schule hätten geglaubt, dass ich ein Leben lang gegen den Abstieg spiele. Als mir mein Schuldirektor das Abschlusszeugnis in die Hand gedrückt hat, sagte er mir: ’Hoffentlich klappt das mit dem Fußball, sonst wird es schwer.'“

Über sich selbst als Typ: „Ich bin immer eins zu eins. Ich sage nicht, alles was ich anfasse, wird zu Gold, dafür ist zuletzt zu viel Blech herausgekommen. Ich möchte aber begeistern: Nichts verpufft schneller als die falsche Ansprache im falschen Moment. Das Aufgesetzte gibt es bei mir nicht.“

Über sein Verhältnis zu Journalisten: „Früher hat man sich drei Stunden mit ihnen hingesetzt und sich mit ihnen unterhalten. Heute steht deutlich weniger Zeit zur Verfügung. Wenn mir heute einer dreimal eine blöde Frage stellt, dann bekommt er beim dritten Male eine Antwort, die er sein Leben lang nicht vergisst.“

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