NSU-Untersuchungsausschuss: Antworten von Schily und Schäuble

Die früheren Innenminister von SPD und CDU werden wohl im NSU-Ausschuss befragt werden. Derweil klagt die Linke über mangelnde Kooperation der Behörden.

Wird wohl wie Wolfgang Schäuble bald zur NSU aussagen müssen: Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily. Bild: dapd

BERLIN dpa | Die früheren Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU) werden wohl schon in wenigen Wochen im NSU-Untersuchungsausschuss Frage und Antwort stehen müssen. Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, er gehe davon aus, dass die beiden ehemaligen Ressortchefs bereits für Oktober als Zeugen geladen würden.

Der jetzige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sei dagegen kein naheliegender Zeuge, weil sich die wesentlichen Ereignisse vor seiner Amtszeit abgespielt hätten, sagte Edathy. „Der Ausschuss ist keine Showveranstaltung.“ Die Auswahl der Zeugen richte sich nach inhaltlichen Überlegungen – „und nicht danach, was die größte Aufmerksamkeit erregt“.

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages befasst sich seit Januar mit der Mordserie der rechtsextremen Terrorzelle NSU, bei deren Aufklärung es diverse Fehler und Pannen gab. Mindestens zehn Morde sollen auf das Konto des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ gehen. Am Dienstag kommt der Ausschuss zu seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammen.

Geheimbund statt Öffentlichkeit

Die Linke-Obfrau im Ausschuss, Petra Pau, klagt über eine Behinderung der Arbeit des Gremiums. „Die meisten Akten werden erst unmittelbar vor den Ausschusssitzungen geliefert, manchmal auch danach, auf jeden Fall zu spät“, sagte Pau der Nachrichtenagentur dpa. „Unsere Arbeit wird dadurch behindert.“

Immer mehr Akten würden außerdem als streng geheim ausgewiesen. „Das bedeutet: Wir dürfen sie lesen, aber nicht darüber sprechen“, erklärte die Linke-Politikerin. „Das riecht nach dem Versuch, aus einem öffentlichen Ausschuss einen verschwiegenen Geheimbund zu machen. Mit Aufklärung hat das nichts zu tun.“

Edathy sagte, der Zeitplan für das Gremium sei ehrgeizig. Die Runde muss ihre Arbeit bis zum Ende der Legislaturperiode beendet haben. Der Abschlussbericht müsse bis zur parlamentarischen Sommerpause im kommenden Jahr fertig sein, betonte der SPD-Politiker. Die Befragung der Zeugen könne nur bis spätestens April laufen. Es seien wohl noch etliche Sondersitzungen nötig. „Wir sind dabei, das Puzzle zusammenzusetzen, und es liegen schon einige Teile auf dem Brett.“ Ein Gesamtbild gebe es aber noch nicht.

Unterdessen fordern die Grünen eine intensivere Beobachtung der Rechtsextremisten. Die Sicherheitsorgane müssten den rechtsextremistischen Terrorismus künftig mit derselben Intensität beobachten wie den islamistischen Terrorismus, forderte der Grünen-Obmann im Untersuchungsausschuss, Wolfgang Wieland, in der Berliner Zeitung.

Das BKA warnte laut Spiegel in einem vertraulichen Papier von Juli 2012, Angriffe könnten sich nicht nur gegen Ausländer, sondern auch gegen „Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland wie Politiker, Personen des öffentlichen Lebens und Polizeibeamte“ richten. Diese Einschätzung entspreche den Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses im Bundestag, sagte Wieland.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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