Nach Annulierung der AfD-Mitgliedschaft: Kalbitz geht gegen Rausschmiss vor

Der ehemalige Brandenburger Landeschef, der auch im Parteivorstand saß, zieht vor das Schiedsgericht. Neue Belege stützen allerdings seine Gegner.

Portrait von Andreas Kalbitz

Andreas Kalbitz bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD in Königs Wusterhausen im August 2019 Foto: Jens Jeske

BERLIN taz | Nachdem er aus der AfD geworfen wurde, hat Andreas Kalbitz jetzt erste juristische Schritte eingeleitet, um gegen die Entscheidung vorzugehen: Er habe vor dem Bundesschiedsgericht der Partei einen Antrag gestellt, den Bundesvorstandsbeschluss aufzuheben, bestätigte er der taz. Er habe ein Eilverfahren beantragt. Eine Klage vor einem Zivilgericht sei zu einem späteren Zeitpunkt möglich.

Der Bundesvorstand der AfD hatte vor fast zwei Wochen auf Antrag von Parteichef Jörg Meuthen mit knapper Mehrheit Kalbitz' Parteimitgliedschaft annulliert. Die Begründung: Kalbitz habe bei seinem Antrag auf Parteieintritt im März 2013 nicht angegeben, dass er zuvor Mitglied bei den Republikanern und der inzwischen verbotenen Neonazi-Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) gewesen sei. Das aber hätte er nach der damals geltenden Satzung angeben müssen, weil beide Organisationen zum jeweiligen Zeitpunkt vom Verfassungsschutz beobachtet worden sind.

Seine Mitgliedschaft bei den Reps hat Kalbitz vor Jahren eingeräumt, Teil der HDJ gewesen zu sein, bestreitet er weiter. Der Verfassungsschutz aber hat nach eigenen Angaben einen Mitgliedsnachweis nicht nur für ihn, sondern für seine ganze Familie.

Dass dieser Nachweis in der AfD selbst nicht vorliegt, ist ein Problem für die Kalbitz-Gegner. Ein anderes: Sein Aufnahmeantrag ist verschwunden. Das Dokument, was Kalbitz' Fehler belegen soll, fehlt also.

Vor dem Zivilgericht könnte es eng werden

Inzwischen aber ist der Auszug aus einer Mitgliederliste vom 21. März 2013 aufgetaucht, der die Argumentation der Kalbitz' Gegner vor dem Schiedsgericht stärken könnte. Danach hat Kalbitz als frühere Parteimitgliedschaften lediglich die Junge Union und die CSU genannt. In dem damals gültigen Aufnahmeantragsformular aber werden Interessenten explizit aufgefordert, auch frühere Mitgliedschaften in Organisationen anzugeben, die von den Sicherheitsbehörden als extremistisch eingestuft waren.

AfD-Chef Meuthen hat sich seit dem Beschluss des Bundesvorstands stets überzeugt gezeigt, dass dieser einer juristischen Überprüfung standhalte. Seine Gegner, darunter sein Co-Vorsitzender Tino Chrupalla und zwei von drei StellvertreterInnen, Alice Weidel und Stephan Brandner, hatten argumentiert, der Beschluss stehe juristisch auf zu wackeligen Füßen. Durch den Rauswurf ist ein Machtkampf in der AfD entbrannt. Für dessen Ausgang dürfte es mitentscheidend sein, ob Kalbitz sich juristisch durchsetzt.

In einem ähnlichen Fall war ein ehemaliges AfD-Mitglied vor dem Schiedsgericht gescheitert: Dennis Augustin, Ex-Landeschefs von Mecklenburg-Vorpommern. Dessen Mitgliedschaft war annulliert worden, weil er bei Parteieintritt sein Engagement bei der NPD verheimlicht hatte. Das Schiedsgericht war damit einverstanden.

ParteienrechtlerInnen wie Martin Morlock und Sophie Schönberger aber hatten argumentiert, dass eine Annullierung der Mitgliedschaft durch einen Vorstandsbeschluss unvereinbar mit dem Parteienrecht sei. Für einen Rausschmiss brauche es immer ein richtiges Parteiausschlussverfahren. Ein Zivilgericht werde den Beschluss daher wahrscheinlich kassieren.

Selbst wenn Kalbitz vor dem AfD-Schiedsgericht scheitert, kann es daher immer noch sein, dass er vor einem Zivilgericht Recht bekommt. Er hat angekündigt, alle möglichen juristischen Wege zu beschreiten.

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