Nach Bio-Lebensmittelbetrug: Italien stellt sich tot

Seit dem Bio-Skandal am Dienstag warten die deutschen Behörden auf Daten aus Italien – vergeblich. Deutsche Bioexperten sprechen von einer "Vertuschungstaktik".

"Ich kann euch nicht sehen, also könnt ihr mich auch nicht sehen": Italien in Form einer Zitrone. Wahrscheinlich eher nicht bio. Bild: nailiaschwarz / photocase.com

BERLIN taz | Schon am Dienstagabend hatte die italienische Polizei bekanntgegeben, dass Betrüger über 700.000 Tonnen konventionelle Lebensmittel als teure Bioware für 220 Millionen Euro unter anderem nach Deutschland verkauft hätten.

Zwei Tage später warteten die deutschen Behörden noch immer auf Listen der italienischen Ämter, wie viele und welche Produkte an wen in der Bundesrepublik geliefert wurden. "Wir haben noch nichts aus Italien bekommen", sagte die zuständige Referatsleiterin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Margit Backes, am Donnerstag der taz.

Die Lieferlisten sind nötig, um fälschlicherweise als Bio gekennzeichnete Ware in Deutschland vom Markt zu nehmen. Deutsche Bioexperten sprechen bereits von einer "Vertuschungstaktik" der Italiener in diesem Fall, der zu den größten Skandalen der Branche in Europa gehört.

Dazu passt eine E-Mail des italienischen Vertreters im EU-Ausschuss für Biolandwirtschaft, Giuseppe Paesano. Darin schrieb der Mitarbeiter des Agrarministeriums in Rom den anderen EU-Staaten und der Kommission am Mittwochabend über den Fall: "Leider können wir derzeit keine genauere Auskunft erteilen, weil wir auf offizielle Informationen der Justiz und der Finanzpolizei warten."

Unbeantwortete Fragen

Dabei hatte die ermittelnde Finanzpolizei schon am Vortag eine ausführliche Pressemitteilung herausgegeben. "Und Herr Paesano tut so, als ob er nichts weiß", klagte ein Brancheninsider. "Das zeigt, woran es in Italien hakt."

Offiziell will das kaum jemand sagen. Sowohl das deutsche Agrarministerium als auch die EU-Kommission wichen aus auf die Frage der taz, ob sie mit der Informationspolitik der Italiener zufrieden seien. Ein Kommissionssprecher sagte nur, dass es Kontakte gegeben habe. Zum Inhalt wolle er sich nicht äußern, da es sich um "laufende Ermittlungen der italienischen Polizei" handele.

Die Informationspolitik ist nur ein Symbol für die Missstände in der italienischen Biokontrolle. "Man muss doch wirklich fragen, warum niemand in Italien gemerkt hat, dass offenbar ein Regionaldirektor einer Kontrollstelle falsche Biozertifikate ausgestellt hat", sagte Jochen Neuendorff, Chef der Göttinger Kontrollstelle Gesellschaft für Ressourcenschutz.

Auch diese Frage blieb am Donnerstag unbeantwortet - Guiseppe Paesano vom Agrarministerium in Rom ging einfach nicht ans Telefon.

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