Nach Referendum für Unabhängigkeit: Katalanen heben 155 Euro ab

Vor der Sondersitzung des Parlaments in Madrid geht es ans Geld: Zwei NGOs rufen zum Besuch der Banken auf, die Katalonien verlassen wollen.

Warteschlange vor der Caixa Bank in Barcelona

Abheben als Protest: Warteschlange vor der Caixa Bank in Barcelona Foto: reuters

MADRID taz | Die beiden großen Organisationen der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung mobilisieren gegen Firmen, die gegen die Autonomie Kataloniens sind. Unter dem Motto „Die Kraft der Leute“ forderten die Nationalversammlung Kataloniens (ANC) und die Kulturvereinigung Òmnium die Katalonier auf, am Freitag zwischen 8 und 9 Uhr in der Früh Geld abzuheben, damit der Effekt möglichst eindeutig nachweisbar ist. Der Protest richtete sich vor allem gegen die beiden katalanischen Großbanken Caixa Bank und Banco de Sabadell, die im Laufe des Konfliktes um die Unabhängigkeit der nordostspanischen Region ihren Hauptsitz aus Katalonien wegverlegt hatten.

ANC und Òmnium wollen von nun an täglich über soziale Netzwerke zu weiteren Aktionen rufen. Für Samstag ist eine Großdemonstration in Barcelona angekündigt. Diese richtet sich gegen die Verhaftung der beiden Vorsitzenden von ANC und Òmnium, Jordi Sànchez und Jordi Cuixart, am vergangenen Montag. Ihnen wird „aufrührerisches Verhalten“ vorgeworfen, weil sie friedliche Protestaktionen vorbereitet hatten.

Derzeit geht es den Protestierenden auch um Aktionen gegen den Plan der Regierung in Madrid, die Autonomie Kataloniens mit Hilfe des Artikels 155 der Verfassung außer Kraft zu setzen. Laut dem Paragraphen darf die Zentralregierung die gesamte oder teilweise Kontrolle über die Behörden in einer der 17 Regionen Spaniens übernehmen, wenn diese nicht ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen. Ministerpräsident Mariano Rajoy sieht dies als gegeben an, nachdem die Regionalregierung ein vom Verfassungsgericht verbotenes Referendum abgehalten hat. Offen ist, wie weit Rajoy gehen wird. Als eine Möglichkeit gilt die Auflösung des Regionalparlaments in Barcelona – gefolgt von baldigen Neuwahlen.

Viele derer, die sich an der Aktion der NGOs beteiligten, veröffentlichten Fotos auf Twitter. „Ich habe 155 Euro für Sànchez und 155 für Cuixart abgehoben“, schreibt einer. „Heute werde ich viele Ausgaben haben, ich werde früh Geld abheben, denn später ist da vielleicht zu viel los“, kündigte der bekannte Liedermacher und Abgeordnete im katalanischen Parlament, Lluis Llach, an.

Kabinettssitzung zu Artikel 155

Der Konflikt um Katalonien geht in die Endphase. Am Samstag wird das konservative Regierungskabinett in Madrid zu einer Sondersitzung zusammentreten, um die Anwendung des Artikels 155 auf den Weg zu bringen. Nach der Kabinettssitzung wird klar sein, welche Befugnisse Kataloniens suspendiert werden, und wie die Region von Madrid aus verwaltet werden soll. Vermutlich wird dann auch ein Fahrplan hin zu Neuwahlen unter Aufsicht Madrids bekanntgegeben werden. Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hat für den Fall des Artikels 155 angedroht, sofort die Unabhängigkeit auszurufen.

„Wir werden eine einseitige Unabhängigkeitserklärung nicht unterstützen“, erklärte hingegen die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau. Die Bürgerliste der ehemaligen Aktivistin gegen Zwangsräumungen von Wohnungen, Barcelona En Comú, gehört ebenso wie die linksalternative Unidos Podemos zu den Stimmen, die versuchen, den Konflikt zu entschärfen und einen Dialog zwischen beiden Seiten in die Wege zu leiten. Bisher ohne Erfolg.

Auch die Initiative #Parlem #Hablamos („Sprechen wir“), die vor zwei Wochen in allen größeren Gemeinden Spaniens zu Kundgebungen in weißer Kleidung und weißen Fahnen gerufen hatte, meldete sich am Freitag wieder zu Wort. Sie rufen Rajoy und Puigdemont zu einem Treffen am kommenden Samstag auf. Wenn es nicht zu diesem Dialog kommen sollte und Artikel 155 angewandt oder die Unabhängigkeit ausgerufen wird, will #Hablamos erneut zu Kundgebungen aufrufen.

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