Nach Schießerei in US-Frauenklinik: „Genug ist genug“

Ist der Täter ein Abtreibungsgegner? Der 57-Jährige ist identifiziert, sein Motiv bleibt rätselhaft. Präsident Obama zeigt sich frustriert über den Zugang zu Waffen.

Mneschen stehen in einem großen Kreis und halten Kerzen, in der Mitte des Kreises eine Statue von einem Tier

Trauerandacht für die Opfer auf dem Campus der University of Colorado in Colorado Springs. Foto: Christian Murdoch/The Gazette/ap

WASHINGTON afp/epd | Der mutmaßliche Todesschütze der Frauenklinik in Colorado Springs ist identifiziert: Es handle sich um den 57-jährigen Robert L. D., teilte die Polizei im US-Bundesstaat Colorado am Samstag (Ortszeit) mit. Der bewaffnete Mann hatte sich am Freitag fünf Stunden lang in der Klinik des Familienplanungsverbandes “Planned Parenthood“ in Colorado Springs verschanzt und um sich geschossen. Nach Polizeiangaben tötete er drei Menschen, darunter einen Polizisten. Neun Personen wurden verwundet. Die Verletzten befinden sich nicht in Lebensgefahr, wie es hieß.

Die Polizei äußerte sich zunächst nicht über die Hintergründe der tödlichen Schießerei. Die Chefin von Planned Parenthood of the Rocky Mountains, Vicki Cowart, erklärte unter Berufung auf Augenzeugen, der Schütze habe die Tat verübt, weil er ein Gegner „sicherer und legaler Abtreibungen“ sei.

US-Präsident Barack Obama beklagte am Samstag in Washington, die Nation müsse endlich etwas tun gegen die „leichte Verfügbarkeit von Kriegswaffen auf unseren Straßen“. Man wisse noch nicht, was diesen Täter bewegt habe, einen Polizisten bei der Ausübung seines Dienstes zu erschießen sowie zwei Bürger, die der Polizist beschützen wollte, sagte Obama: Doch „genug ist genug“.

Obama war in der Vergangenheit immer wieder mit Initiativen für schärfere Waffengesetze im Kongress gescheitert, wo vor allem die Republikaner nicht am in der US-Verfassung verankerten Recht auf Waffenbesitz rütteln wollen.

Fotos nach der Festnahme zeigten einen großen weißen Mann mit grauem Bart. Zahlreiche Medien berichteten inzwischen Einzelheiten aus dem Leben des Mannes. Nach einem Bericht der Colorado Springs Gazette ist der 57-Jährige erst vor kurzem nach Colorado gezogen. An seinen vorigen Wohnsitzen in North und South Carolina sei er mehrmals mit der Polizei in Konflikt geraten, auch wegen Tierquälerei.

Abgeschieden in einer Hütte gelebt

Laut Washington Post ist der Täter ein Einzelgänger, der in North Carolina zeitweilig in einer Hütte ohne Strom und Wasser hauste. Manche Anwohner hätten Angst gehabt vor dem Mann. In Colorado lebte er demnach abgeschieden in einem Wohnwagen etwa hundert Kilometer von Colorado Springs entfernt. Ein Nachbar sagte in der New York Times, der Mann habe ihm einmal gegen US-Präsident Obama gerichtete Schriften gegeben.

„Planned Parenthood“ ist die größte Einrichtung für Familienplanung in den USA. „Planned Parenthood“ bietet neben Vorsorgeuntersuchungen unter anderem Abtreibungen an und wird dafür von erzkonservativen Kreisen in den USA angefeindet. Im Juli veröffentlichten Abtreibungsgegner heimlich aufgenommene Videos, in denen Mitarbeiter angeblich über den Verkauf von Organen und Gewebe abgetriebener Föten sprachen. „Planned Parenthood“ wies die Vorwürfe strikt zurück.

Wie der Nachrichtensender NBC News unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtete, erwähnte der Angreifer diese Videos nach seiner Festnahme. Er soll „Keine Baby-Teile mehr“ gesagt haben. Er erwähnte demnach aber auch US-Präsident Obama.

Medienberichten zufolge veranstalten Abtreibungsgegner häufig „Gebetsgottesdienste“ vor der Klinik in Colorado Springs. Keiner der regulären Teilnehmer kenne den Täter, erklärte ein Abtreibungsgegner aus Colorado Springs. Der Anti-Abtreibungsverband „National Right to Life“ verurteilte den „gesetzwidrigen Einsatz von Gewalt“.

Der Supreme Court hatte vor 42 Jahren in einer Grundsatzentscheidung den Schwangerschaftsabbruch in den USA legalisiert. Seitdem kämpfen konservative Gruppen, Kirchen und Politiker dafür, die Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Die Republikaner im US-Kongress versuchten mehrfach, „Planned Parenthood“ die staatlichen Zuschüsse zu streichen.

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