Nach dem Abgang Wagenknechts: „Aufstehen“ gibt auf

In einer Erklärung verkünden bekannte GründerInnen das Scheitern der Sammlungsbewegung. Zumindest auf Bundesebene.

Wagenknecht & Co. Anfang September 2018: Als die „Aufstehen“-Welt noch in Ordnung war Foto: dpa

BERLIN taz | Nach dem Rückzug von Sahra Wagenknecht haben mehrere bekannte InitiatorInnen, MitgründerInnen und AktivistInnen von „Aufstehen“ das Scheitern der Sammlungsbewegung auf Bundesebene verkündet. „Wer Spaltungen überwinden und viele unterschiedliche Kräfte sammeln will, muss aber auch sammeln können“, heißt es in ihrer am Freitagnachmittag veröffentlichten Erklärung. „Diesem Anspruch ist Aufstehen nicht gerecht geworden.“ Die Ursachen dafür lägen „vor allem im Versagen der Führung“.

Verfasst haben die „Erklärung zur Situation von Aufstehen“ unter anderem der aus der SPD ausgetretene Bundestagsabgeordnete Marco Bülow, der sozialdemokratische Historiker Peter Brandt, der Schriftsteller Ingo Schulze, der Musik-Kabarettist Achim Hagemann, der Schauspieler Wolfgang Zarnack sowie die früheren Grünen-ParlamentarierInnen Antje Vollmer und Ludger Volmer. Mit dem Philosophen Michael Brie gehört auch ein Mitglied der Linkspartei zu den UnterzeichnerInnen.

Bereits zur Jahreswende seien ihnen die Probleme von „Aufstehen“ „überdeutlich“ geworden, heißt es in ihrem Papier. Diese hätten „einerseits in mangelnder politischer Führung und Zielsetzung, andererseits in mangelnden demokratischen Entscheidungsstrukturen und zum dritten in den dramatisch fehlenden organisatorischen Ressourcen“ gelegen.

Beschlüsse des politischen Arbeitsausschusses und des von diesem im Januar 2019 gewählten provisorischen Vorstands seien vom Trägerverein Aufstehen, der formal alle Rechte besitzt und über sämtliche Mitgliederlisten sowie die Vereinsmittel verfügt, nicht umgesetzt worden. So sei es zu einer „Blockade der Handlungsmöglichkeiten“ gekommen. Der allmächtige Trägerverein wird von treuen Wagenknecht-PrätorianerInnen aus der Linkspartei dominiert.

Außer Wagenknecht saß hingegen im provisorischen „Aufstehen“-Vorstand mit Fabio De Masi nur noch ein Linkspartei-Mitglied. Ansonsten gehörten ihm neben Bülow und Volmer mit dem Grünen Hendrik Auhagen und der Düsseldorfer Basisaktivistin Sabrina Hofmann zwei weitere UnterzeichnerInnen der Erklärung an.

„Wir erfuhren es aus den Medien“

Tief enttäuscht zeigen sich die AutorInnen, dass Wagenknecht ausgerechnet kurz vor einer für den vergangenen Mittwoch vereinbarten Krisensitzung zwischen Vorstand und Verein „ihren Rücktritt von jeder Führungsverantwortung“ erklärt habe. „Sie teilte dies weder vorab der Bewegung mit, noch den Mitinitiatoren oder den Kollegen im Vorstand noch suchte sie unmittelbar danach das Gespräch“, heißt es in der Erklärung. „Wir erfuhren es aus den Medien.“

„Wir müssen nüchtern und realpolitisch festhalten: damit ist die Bundesebene von Aufstehen im ersten Anlauf gescheitert.“

Das verbitterte Fazit: „So sehr wir begreifen, wie hart die Auseinandersetzungen Sahra Wagenknechts in den Machtkämpfen in ihrer eigenen Partei waren und so sehr wir ihr eine gute persönliche Zukunft wünschen – diesen Umgang mit der Bewegung, die sie selbst gegründet und die auf sie vertraut hat, halten wir für politisch nicht verantwortlich.“

Die Konsequenz von Bülow & Co.: „Wir müssen nüchtern und realpolitisch festhalten: damit ist die Bundesebene von Aufstehen im ersten Anlauf gescheitert.“ Die noch bestehenden Basisgruppen vor Ort bitten die UnterzeichnerInnen der Erklärung allerdings, nunmehr „autonom und eigenständig an den Zielen von Aufstehen weiter zu arbeiten“.

Denn keine der Aufgaben von „Aufstehen“ habe sich erledigt. Das gelte für die Überwindung der Spaltung der Linken ebenso wie dafür, die von den Parteien enttäuschten BürgerInnen neu für die Politik zu motivieren. „Wir müssen unsere Kräfte und Möglichkeiten aber realistisch einschätzen und bündeln“, schreiben die AutorInnen ernüchtert.

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