Nach der Wahlannullierung in Kenia: „Verbrecher“ und Hyänen

Das politische Klima heizt sich auf. Präsident Kenyatta nennt die Richter „Verbrecher“, Oppositionschef Odinga die Wahlkommission „Hyänen“.

Ein Mann spricht in Mikrofone

Präsident Uhuru Kenyatta bei seinem Auftritt am Samstag Foto: reuters

BERLIN taz | Nach der überraschenden Annullierung der Präsidentschaftswahl in Kenia durch das Oberste Gericht des Landes am Freitag wächst die Sorge um die Stabilität. Besonders in der Kritik steht Präsident Uhuru Kenyatta, dessen Sieg von den Richtern für ungültig erklärt wurde. Nachdem er am Freitag noch gesagt hatte, dass er den Richterspruch akzeptiere, legte er am Wochenende mit Beschimpfungen und indirekten Drohungen an die Justiz nach.

Kenyatta bezeichnete bei einem öffentlichen Auftritt die Richter des Obersten Gerichts als wakora; in der Swahili-Sprache bedeutet das umgangssprachlich „Verbrecher“ .

Wörtlich sagte er: „Maraga (der Vorsitzende des Obersten Gerichts) und seine wakora haben beschlossen, die Wahl zu annul­lieren. Das haben sie gesagt, nicht wahr? Ich bin jetzt nicht mehr der Präsidentschafts­aspirant! Ich bin der amtierende Präsident. Ich weiß nicht, ob Sie verstehen. Maraga weiß, dass er es jetzt mit einem amtierenden Präsidenten zu tun hat.“ Dann sagte er: „Diese fünf, sechs Leute sollen wissen, dass das ­kenia­nische Volk entscheidet, und sie sollten sich darauf einstellen, dass wir handeln, nachdem das Volk seine Wahl getroffen hat.“

Die Richtervereinigung Kenya Magistrates and Judges Asso­ciation verurteilte am Samstag diese „verhüllten Drohungen“ als „Angriff auf die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit“.

„Kriegserklärung“ durch den Präsidenten

Die Sonntagsausgabe der führenden Tageszeitung Daily Nationerinnerte in einem Leitartikel daran, dass die Regierung beständig die Opposition aufgefordert hatte, doch gegen das Wahlergebnis zu klagen, wenn sie es anzweifle. Die jetzigen Äußerungen gegen die Justiz seien eine „Kriegserklärung“, die „die Bühne für Feindseligkeiten bereitet, die leicht in physische ­Gewalt abgleiten könnten. Kenianer werden es nicht hin­nehmen, in die düsteren Zeiten der Einschüchterung, Unterdrückung und ­Unterordnung zurückgeführt zu werden.“

Die obersten Richter Kenias hatten am Freitag die Präsidentenwahl vom 8. August für ungültig erklärt und Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen angeordnet, also bis zum 1. November. Es habe „Unregelmäßigkeiten und Gesetzesverstöße bei der Übertragung der Ergebnisse“ gegeben, die die Integrität der gesamten Wahl untergraben hätten, sagte Vorsitzender Richter David Maraga. Details sollen in der schriftlichen Urteilsbegründung genannt werden, die innerhalb von 21 Tagen veröffentlicht werden muss.

Präsident Uhuru Kenyatta

„Ich bin der amtierende Präsident. Ich weiß nicht, ob Sie verstehen“

Die Opposition unter Raila Odinga hatte Fälschungen bei bis zu einem Drittel der Ergebnisprotokolle geltend gemacht und von Manipulationen in den Computern der Wahlkommission IEBC gesprochen. Sie fordert nun deren Auflösung. Odinga nannte die Wahlkommissare am Sonntag „Diebe“ und erklärte, man könne keine Wahl von „Hyänen“ schützen lassen.

Kenyatta hatte zuvor betont, dass „IEBC und sonst niemand“ die Wahlen organisieren werde. Es ist gut möglich, dass die Wahlanfechtung durch Kenias Opposition, deren Erfolg quer durch Afrika als historisch begrüßt worden ist, zu von der Opposition boykottierten Neuwahlen führt.

Zumal der Sieg des Kenyatta-Lagers bei den parallel verlaufenden Parlamentswahlen gültig bleibt und nicht klar ist, woher das Geld für die Neuwahlen kommen soll.

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