Nachhaltigkeit bei Unternehmen: 50 Shades of Green

Auch viele Nicht-Öko-Unternehmen setzen auf eine nachhaltigere Entwicklung. Ihren MitarbeiterInnen fehlt aber oft das nötige Know-how.

Mitarbeiter der Salzgitter AG auf einem Fahrrad vor großen Blechrollen

Mit dem Dienstrad zur Schicht Foto: dpa

BERLIN taz | Wo wird Energie verschwendet? Welche klimafreundlicheren Alternativen gibt es zu ölbasierten Kunststoffen? Oder auch: Wie finde ich eine umweltfreundliche Druckerei für die Firmenbroschüre? Diese Fragen beschäftigen zunehmend auch Unternehmen, die sich nicht zur Öko-Branche zählen. Entsprechend ändert sich das Anforderungsprofil an Führungskräfte und Mitarbeiter. „Nicht nur Anbieter von Biolebensmitteln oder umweltorientierte Tourismusanbieter fragen Kenntnisse über ökologische Zusammenhänge nach“, sagt Katharina Reuter, Geschäftsführerin von UnternehmensGrün, dem Bundesverband der grünen Wirtschaft.

„Greening“ nennt sich dieser Trend zu nachhaltigerem Wirtschaften, den auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau bei Mittelständlern weltweit ausmacht. In einer Sonderauswertung ihres Wettbewerbsindikators zeigte sie kürzlich, dass sich jede dritte der 3.100 befragten Firmen bemüht, Material und Energie effizienter zu nutzen. Treiber sind politische Vorgaben etwa zum Klimaschutz und Kostenfaktoren.

Was das für die Belegschaften bedeutet, hat UnternehmensGrün in der qualitativen Studie „Greening der Berufe und nachhaltige Arbeitswelt“ untersucht. Sie wird am heutigen Montag vorgestellt und lag der taz vorab vor. „Oft sind es die Inhaber oder Geschäftsführer, die die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz auf die Agenda setzen“, sagt Reuter. Die Ziele fänden sich im hauseigenen Kodex oder der Unternehmenskultur wieder. Bei der Umsetzung gibt es dann aber Hindernisse: Neben höheren Kosten für Forschung, Entwicklung und neuartige Materialien nennen die Firmen vor allem fehlendes Wissen sowohl bei Führungskräften als auch bei den Beschäftigten.

„Es gibt große Unterschiede zwischen Biobäcker und konventionellem Bäcker“, sagt etwa Joachim Weckmann, Geschäftsführer der Märkischen Landbrot GmbH. Biobäcker müssten sich mit anderen Rohstoffen wie alten und biologisch gezüchteten Getreidesorten auskennen und zudem die Bioverordnungen und -kontrollen kennen. Ähnliche Zusatzanforderungen gelten für praktisch jedes andere verarbeitende Gewerbe.

Aber berufsspezifisches Know-how ist nur das eine. Gefragt sind auch die Bereitschaft, sich mit nachhaltiger Entwicklung auseinanderzusetzen – und Spaß an Kommunikation. Konkret, so die Autorinnen der Studie, bräuchten Mitarbeiter Beratungskompetenz, um Kunden bei grünen Problemlösungen helfen zu können, Innovationsfähigkeit, um auf neue Herausforderungen reagieren zu können – und Kreativität, um ökonomische, ökologische und soziale Ziele ganzheitlich zusammenzuführen.

In Ausbildungsordnungen ist das nicht angekommen

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„Gerade Auszubildende und junge Menschen in den Unternehmen beschäftigen diese Fragen“, sagt Reuter. Und nicht nur bei der Arbeit selbst. „Die wollen schon mal ein Dienstfahrrad.“

In den Ausbildungsordnungen ist das noch nicht angekommen. „Das muss sich ändern“, sagt Reuter. Beim Bundesinstitut für Berufsbildung wiegelt man jedoch ab. Es gebe dazu derzeit keinen Auftrag aus der Wirtschaft, heißt es.

Manche Unternehmen haben die Sache selbst in die Hand genommen und kooperieren mit Hochschulen – etwa bei dualen Studiengängen. Andere haben das Transferproblem als Chance entdeckt. Das Beratungsunternehmen Manemo beispielsweise bildet Führungskräfte aus grünen Unternehmen fort.

Der Personalvermittler On purpose versucht dagegen, eine Brücke zwischen konventionellen und Social Enterprises zu schlagen: Er vermittelt hoch qualifizierte Nachwuchskräfte mit Berufserfahrung in der herkömmlichen Wirtschaft an Firmen und Verbände aus dem Nachhaltigkeitssektor. Denn wo es in Firmen im Greening-Prozess oft an Green skills fehlt, mangelt es manchem Öko-Betrieb, der mit naturwissenschaftlichem Know-how und kritischem Engagement gegründet wurde, an Managementkenntnissen. Der Austausch scheint zu funktionieren: Von den Absolventen des ersten einjährigen Trainingsprogramms haben fast alle im Anschluss den passenden Job gefunden.

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