Nachruf auf Dominic Heilig: Eigentlich unersetzbar

Mit nur 39 Jahren ist das Linkspartei-Vorstandsmitglied an den Folgen eines Herzstillstandes gestorben. Ein großes politisches Talent ist gegangen.

Mann mit Brille

Linkspartei-Vorstandsmitglied Dominic Heilig (geboren am 14. August 1978, gestorben am 31. Oktober 2017) Foto: Rico Prauss

BERLIN taz | In seinem Bürozimmer im Bundestag hing eine kleine Fahne mit drei Buchstaben: CDU. Nö, nicht unsere, sagte Dominic Heilig mit süffisantem Lächeln den leicht verdutzten Besuchern. Die CDU-Fahne zeigte das Emblem der Coligação Democrática Unitária, der Allianz von Kommunisten und Grünen in Portugal. Heilig war einer der besten Kenner europäischer Politik in der Linkspartei. Und Portugal, das war sein politischer Traum.

Dominic Heilig war Co-Chef des fds, des Forum Demokratischer Sozialismus, des Zusammenschlusses der Pragmatiker in der Partei. Von dem Etikett hielt er nicht viel, noch weniger von dem Label Parteirechter. „Wir sind hier die echten Radikalen“, sagte er. Und nicht die Lautsprecher vom linken Flügel.

Das in Portugal seit 2016 bestehende Bündnis aus Sozialisten, Linksblock und eben der CDU war für den Bundestagsfraktionsmitarbeiter der Beweis, dass eine geerdete, linksreformistische Politik Erfolg haben kann und Regierungsunterstützung der Linken nicht in bloß pragmatischer Verwaltung enden muss: Der Mindestlohn, das Kindergeld und die Renten wurden erhöht, Privatisierungen rückgängig gemacht. Das Ergebnis: Arbeitslosigkeit und Schuldenstand sanken.

Damit gelang Lissabons linkem Bündnis, was neoliberalen Ökonomen zufolge unmöglich ist. Und es widerlegte aus Sicht Heiligs die kurzatmige EU-Skepsis in der Linkspartei und den scheppernden Verbalradikalismus.

Auf selbstverständliche Art Ossi

Dominic Heilig war auf eine selbstverständliche Art Ossi. Bei Union Berlin, dem Ostclub in Köpenick, hatte er eine Dauerkarte. Hertha-Fan zu sein, wäre undenkbar gewesen. Er stammte aus einer SED-Familie. Der Vater arbeitet beim dem früheren SED-Parteiblatt Neues Deutschland, die Mutter bei einer parteinahen Stiftung. Die PDS, später Linkspartei, das war sein Milieu. Und viel mehr mehr. Nämlich ein Mittel, das es zu nutzen galt. Um mit radikalem Reformismus zu verändern.

Auf Parteitagen lief es selten gut für ihn. Heilig war zu sehr Realo, zu profilierter Flügelmann, auch unfähig zum Weichgespülten. So bemühte er sich 2009 als auch 2014 vergeblich um einen aussichtsreichen Platz auf der Linkspartei-Liste für das Europaparlament. Dabei war eigentlich schwer zu übersehen, dass er dort eine glänzende Rolle gespielt hätte.

Später wollte er Vizeparteichef werden – und scheiterte erneut. Die Partei, auf Harmonien geeicht, verbannte ihn immer wieder in die zweite Reihe. Zu mehr als einem Platz im Parteivorstand reichte es nie. Das kränkte, denn Heilig war nicht nur lässig im Umgang, cool im Auftritt, rotzig in der Wortwahl, sondern auch ehrgeizig.

Heilig war klug und jung, rhetorisch begabt und in Europa zu Hause. Vielleicht wäre sein Durchbruch nach ganz oben irgendwann noch gekommen. Wäre. Könnte. Eigentlich war er unersetzbar. Man schreibt das so dahin – unersetzbar. Aber so ist es.

Dominic Heilig, Vater von drei Kindern, 39 Jahre alt, ist am Mittwoch an den Folgen eines Herzstillstandes gestorben.

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