Nachruf auf Errol Brown: Du sexy Ding

Der Sänger der britischen Discoband Hot Chocolate ist tot. Er wurde wegen seiner Schlafzimmerstimme geliebt, auch Lady Di gehörte zu seinen Fans.

Sogar im Buckingham Palace wurden seine Disco-Hits gespielt Bild: dpa

Am Mittwoch ist Errol Brown im Alter von 71 Jahren auf den Bahamas einer Krebserkrankung erlegen. Wem sein Name nicht auf Anhieb etwas sagt, sei mit ein paar Songtiteln auf die Sprünge geholfen: „Emma“ (1974), „You Sexy Thing“ (1975) oder „It Started With a Kiss“ (1982) waren Hits aus der Feder Errol Browns.

Da entstehen nicht nur sofort Klangbilder im Kopf, sondern auch ein Bild dieses afrobritischen Sängers, der stets markante Glatze und Schnäuzer trug. Geliebt wurde Brown auch wegen seiner Schlafzimmerstimme, mit der er alle Sorten von Intimität im Schmusemodus auszudrücken wusste.

Brown ist einer der kreativen Köpfe der Funk- und Soulband Hot Chocolate, die 1969 im Londoner Stadtviertel Brixton gegründet wird. Die schwarzen Mitglieder stammen, wie Errol Brown selbst, von den karibischen Inseln. Und Reggae fließt auch durch ihre musikalischen Adern. Das zeigt sich beim ersten Gehversuch der Freunde, die damals noch keinen Bandnamen haben. Sie nehmen eine mit Reggae-Elementen versehene Version von John Lennons „Give Peace A Chance“ auf.

Dabei verändert Errol Brown den Text, ohne zu wissen, dass er dafür eine Genehmigung braucht. Naiv wird die Version an die Beatles-Plattenfirma Apple geschickt. John Lennon ist von der Interpretation so begeistert, dass Apple sie veröffentlicht und die Gruppe ohne Namen The Hot Chocolate Band tauft. Mit ihrem Sound aus funky Basslinien, karibisch angehauchter Perkussion, souligen Orgeltönen und Errol Browns sonorer Stimme geben Hot Chocolate in Europa den Startschuss für das aufkommende Discofieber in den 1970ern.

Keine Tanzfläche, die nicht mit ihren Hits beschallt wird. „Don’t Stop It Now“ (1976) und „So You Win Again“ (1977) werden ihre größten Erfolge: Browns Stimme legte sich dabei wie eine zweite Haut um die zuckenden Körper unter der Discokugel.

Seine Fähigkeiten als Komponist machen nicht nur den Tänzern in den Clubs Beine, sie wirken auch auf Musikerkollegen. So unterschiedliche Bands wie Sisters of Mercy oder Urge Overkill covern Hot Chocolates Signalsong „Emma“. Der niederländische DJ Ben Liebrad remixt „You Sexy Thing“ 1986 und führt den Song damit erneut auf die Tanzflächen und in die Charts.

Sogar im Buckingham Palace hatten Hot Chocolate Fans: Sie spielten auf der Hochzeit von Lady Diana und Prince Charles. Und die Queen ehrt Errol Brown 2002 für sein musikalisches Lebenswerk als Member of the Order of the British Empire. In einem Interview sagt Brown einmal, dass er nie mehr als zwölf Songs pro Jahr schreiben könne. Allemal ausreichend, wenn man sich Hooklines wie die von „Emma“ anhört, die jeden Butterberg zum Schmelzen bringt.

In den neunziger Jahren verlässt Brown Hot Chocolate, gastiert solo als Sänger und produziert andere Künstler. In der Folge kommt es auch zu einer Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen, und Bohlens schon mit Modern Talking erprobter Betonschlagersound verbindet sich mit Browns Stimme zu zweifelhaften Stücken, wie „Secret Rendezvous“, „It’s Time For Forever“ oder „Lady In Amsterdam“.

Eins lässt sich ohne Übertreibung über Errol Browns Karriere sagen: Wo er war, war immer Musik. Und es ist unvorstellbar, dass dort, wo er jetzt ist, keine sein soll.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.