Nachruf auf Mena Mangal: Journalistin in Kabul erschossen

Die afghanische Journalistin und Feministin war nicht nur den Taliban ein Dorn im Auge. Nach ihrer Scheidung im Mai erhielt sie Morddrohungen.

Eine Frau sitzt auf einer Parkbank und schaut nach unten

Die Journalistin und Feministin Mena Mangal wurde in Kabul getötet Foto: privat

Samstagmorgen, nahe dem Kabuler Karte-Naw-Markt: Zwei Männer fahren mit einem Motorrad vor, schießen viermal in die Luft, um die Menschen zu vertreiben – und dann zweimal gezielt der prominenten früheren afghanischen TV-Moderatorin Mena Mangal in die Brust. Danach fliehen die Täter unerkannt. So berichten es Augenzeugen dem in Afghanistan einflussreichen US-Sender RFE/RL. Laut Angehörigen hatte die landesweit bekannte Feministin auf ein Auto gewartet, das sie zum Unterhaus des Parlaments bringen sollte. Mangal arbeitete dort als kulturelle Beraterin.

Laut Kabuls Polizeisprecher Ferdows Faramaz versuchen die Behörden, jetzt „alle Aspekte des Falls“ zu ermitteln. Von Mangals Vater habe man bereits den Namen eines Verdächtigen erhalten. Die Mutter twitterte laut dem britischen Guardian ein Video, in dem sie eine Gruppe von Männer beschuldigt. Diese hätten ihre Tochter bereits einmal entführt, seien gefasst worden und hätten sich dann freikaufen können. Niemand bekannte sich bislang zu dem Mord. Mangal selbst hatte am 3. Mai auf ihrer Facebookseite berichtet, dass sie von Unbekannten Morddrohungen erhalten habe. Doch eine starke Frau fürchte sich nicht vor dem Tod, schrieb sie.

Mangal hatte an der Privatuniversität Ma­schal in Kabul Journalismus studiert. Sie wurde landesweit bekannt, als sie eine paschtunische TV-Sendung des populären Privatsender Tolo moderierte. Später wechselte sie zu dessen Konkurrenz, moderierte zeitweilig auch in einem Staatssender. Sie war stark in den sozialen Netzwerken aktiv, wo sie für Bildung und Berufstätigkeit von Mädchen und Frauen argumentierte. Sie machte auch öffentlich, dass sie 2017 von ihren Eltern gegen ihren eigenen Willen verheiratet worden war. Erst kürzlich, Anfang Mai, war es ihr gelungen, endlich ihre Scheidung abzuschließen.

Mit ihrer selbstbewussten Art war sie nicht nur den Taliban, die Frauen am liebsten aus dem öffentlichen Leben verbannen wollen, ein Dorn im Auge, sondern auch anderen islamistischen und traditionellen Kräften in Afghanistan, die etwas gegen starke Frauen haben. Die Taliban, die derzeit mit den USA Friedensgespräche führen, hatten in jüngster Zeit in Aussicht gestellt, Mädchen und Frauen nicht länger den Zugang zu Bildung und Arbeit verbieten zu wollen. Viele Afghanen und Afghaninnen trauen den Taliban jedoch nicht.

Doch könnten die Mörder der Journalistin und Aktivistin auch aus der Familie ihres Ex-Mannes stammen. Oder gar aus ihrer eigenen – weil Mangal mit ihrer für Afghanistan unüblichen Scheidung in den Augen von Verwandten die „Familienehre“ verletzt haben könnte. Denkbar ist auch, dass der Mord mit Mangals journalistischer Tätigkeit zusammenhängt. Laut Reporter ohne Grenzen ist Afghanistan eines der gefährlichsten Länder für Journalisten und Journalistinnen überhaupt: Allein 2018 wurden dort 18 von ihnen getötet.

So steht zunächst nur eines fest: Selbstbewusste Frauen wie Mena Mangal haben in Afghanistan viele Feinde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.