Naziangriff in Weimar: Geplant und brutal

In Weimar greifen Rechtsextreme eine DGB-Kundgebung an und verletzen vier Menschen. Politiker sind entsetzt über das Maß an gezielter Gewalt.

Die Auseinandersetzung in Weimar am 1. Mai. Bild: ap

HAMBURG taz | Der Angriff war geplant. In Weimar stürmten Rechtsextreme die 1. Mai-Kundgebung des DGB. Vier Menschen verletzte die Gruppe, ein Betroffener musste ins Krankenhaus. „Dieser Brutalität der Rechtsradikalen müssen sich alle Demokraten unserer Stadt entgegenstellen", sagt Oberbürgermeister Stefan Wolf. Und der SPD-Politiker verspricht, Strafanzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch zu stellen.

Um 10 Uhr hatte die traditionelle Kundgebung auf dem Marktplatz der thüringischen Stadt begonnen. Auf der Bühne verteidigten Gewerkschafter den Mindestlohn. Die rund 200 Besucher, der von Linke und SPD mitgetragenen Veranstaltung, genossen Bier und Bratwurst. Als gegen 11 Uhr der SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider und Bürgermeister Wolf die Bühne betraten, stürmten an die 50 Rechtsextreme den Marktplatz, begangen zu rangeln und zu pöbeln. Auf den Holzschildern der meist schwarz gekleideten Rechtsextremen prangte: „1. Mai Seit 33 arbeitsfrei", „DGB =Arbeiterverräter" und „Mut zur Tat. Wir sind das Volk".

„Es ging alles sehr schnell", sagt Wolf. Schneider entrissen sie das Mikrophon. „Ich wehrte mich", berichtet er. Wolf und weitere Personen kamen zur Hilfe. Die Angreifer waren aggressiv, sagt Wolf. Einem älteren Mann rammte ein Rechtsextremer ein Holzschild in den Bauch. Ein weiterer, ebenfalls älterer Mann, so Schneider, wurde in den Schwitzkasten genommen. Über das Mikrophon skandierten die Rechtsextremen Parolen bis die Veranstalter den Strom abstellten. Organisiert rückte der Tross dann ab.

Schneider erinnert der Angriff an ganz alte Zeiten: „Das war so, wie man das aus Filme über SA-Angriffe kennt". „Eine friedliche Mai-Kundgebung brutal zu stürmen und Verletzungen in Kauf zu nehmen, zeigt, zu welcher gezielten Gewalt die Rechtsradikalen bereit sind", sagt Wolf.

29 Festgenommene

Den Ort des Angriffs haben die Rechtsextremen offensichtlich wegen der geringen Polizeipräsenz gewählt. Nur eine Streifenwagenbesatzung war vor Ort. Am Freitag hatte die Polizei ihre Kräfte wegen zwei rechtsextremer Märsche in Saalfeld und Erfurt aufgeteilt. Die herbeigerufenen Polizeikräfte konnten aber einen Teil der Angreifer in einer Tiefgarage stellen, wo sie ihre Fahrzeuge geparkt hatten. 29 Personen wurden festgenommen.

Auf welchem Wege die Angreifer zusammengekommen waren und ob sie zu den anderen Aufmärschen wollten, konnte ein Sprecher der Polizei am Samstagmorgen noch nicht sagen. Die Rechten stammen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt. Sie sollen auch in der Polizeidatei „Gewalttäter Sport" geführt sein, so der Sprecher. Einige der Angreifer trugen auch ein Plakat der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten".

Die Fraktionschefin der Linkspartei im thüringischen Landtag, Susanne Hennig-Wellsow erklärt dazu: „Der Angriff zeigt den verbrecherischen Charakter der NPD, ihrer Jugendorganisation und der Neonazi-Kameradschaften". Das Verbot von Neonazi-Strukturen müsse schnell auf die politische Tagesordnung. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagt: „Ich bin schockiert" und forderte ebenfalls, stärker auf ein NPD-Verbot zu drängen.

Dieser Angriff stelle eine neue Qualität dar, erklärt Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) und verspricht schnelle Aufklärung. „Wir sind sehr froh, dass die Täter festgenommen werden konnten," sagt DGB-Landeschef Sandro Witt, der die genaueren Umstände des Angriffs aufgeklärt wissen will, gerade angesichts des bekannten rechtsextremen Gewaltpotentials.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.