Neue Chefin im Altonaer Theater: „Die Lieblingsstücke bleiben“

Mit Anja Dauschek wird abermals eine frustrierte „Gründungsdirektorin“ von auswärts Chefin des Altonaer Museums.

Will nicht über die Köpfe der Besucher hinweg modernisieren: Anja Dauschek. Foto: René Müller

HAMBURG taz | Wer frustriert ist, geht nach Altona. Jedenfalls wirkt es so, wenn man sieht, wer sich dort als Museumschef bewirbt: 2013 war das Hans-Jörg Czech, der jahrelang Gründungsdirektor des sich ewig verzögernden Wiesbadener Stadtmuseums war – und irgendwann das Handtuch warf. Dieser Tage erst, am 11. September, eröffnet das Wiesbadener „Stadtmuseum am Markt“. Czech ist derweil längst zum Chef des Museums für Hamburgische Geschichte avanciert.

Beerben wird ihn in Altona ab Januar 2017, nach einjähriger Vakanz, die promovierte Volkskundlerin und Museumsmanagerin Anja Dauschek. Sie ist – bizarre Parallele – seit 2007 Gründungsdirektorin des Stuttgarter Stadtmuseums und verlässt die Stadt ein Jahr vor Eröffnung des von ihr geplanten Hauses.

Und obwohl sie leugnet, dass man sie vergrault habe, sprechen die Fakten für sich: Nachdem der Stuttgarter Gemeinderat das Konzept einstimmig genehmigt hatte, stellte die CDU im letzten Moment das Konzept infrage. Sie wollte ein größeres, bis dato baulich nicht vorgesehenes Café, das außerhalb der Museumsöffnungszeiten zugänglich sei. Man legte das innenarchitektonische Konzept „zur nochmaligen Überprüfung“ auf Eis – und damit die Ausschreibung für den Direktorenposten.

Auf den hätte sich Anja Dauschek gern beworben. „Und ich habe gewartet, dass die Stadt Stuttgart die Stelle ausschreibt.“ Doch das zog sich, und Dauschek half sich selbst. „Das Angebot aus Hamburg war sehr attraktiv und letztlich schneller.“ Sie erzählt das ohne Bitterkeit und sagt, sie habe ihr Herz während ihrer Promotion ohnehin in Hamburg verloren und freue sich auf die Rückkehr.

Dass sie in Altona ein Museum übernimmt, das der notorisch unterfinanzierten Stiftung Historische Museen Hamburg angehört, sieht sie gelassen. Auch dass das angeblich „verstaubte“ Haus 2010 auf Anordnung des damaligen Kultursenators Reinhard Stuth (CDU) fast geschlossen worden wäre, stört sie nicht. Im Gegenteil: Im damaligen Engagement der Altonaer für ihr Museum habe sich Zivilgesellschaft manifestiert. „Und es beeindruckt mich, dass in Altona immer noch die ,Wir sind das Altonaer Museum'-Buttons kursieren.“

Überhaupt könne man in Altona exemplarisch jene Diversifizierung des Zusammenlebens erleben, die heute viele Städte präge. „Migration ist für Altona stets wichtig gewesen“, sagt Dauschek, die im „Arbeitskreis Migration“ des Deutschen Museumsbunds sitzt. Dieses Thema möchte sie stärker in die Museumsarbeit hineintragen, das Haus noch besser in den Stadtteil integrieren. Auch gehörten das 20. und 21. Jahrhundert stärker im Museum repräsentiert.

Das heißt nicht, dass sie sofort mit eisernem Besen durchkehrt: Anja Dauschek, die unter anderem den Museumsentwicklungsplan für die Stadt Freiburg und die Besucherführung des Dresdner Schlosses konzipierte, geht sehr überlegt vor. Sie stellt keine „Ferndiagnosen“, antwortet diplomatisch und differenziert: „Vor Ort möchte ich erst mal herausfinden, welche Exponate die Menschen seit ihrer Kindheit lieben, und die weder verschoben noch abgebaut werden dürfen“, sagt sie. Schließlich will sie diejenigen, für die sie das Museum macht, nicht gegen sich aufbringen.

Die Neue will nicht sofort mit dem eisernen Besen durchkehren, sondern gemeinsam mit den Altonaern gestalten.

Auch „Kinder-Olymp“ und „Kinderbuchhaus“ sollen bleiben, wären eher noch auszubauen. Und dann die Partizipation: „Wenn sich Vereine oder Initiativen beteiligen wollen, bin ich offen“, sagt Dauschek. Das heiße aber nicht, dass man Gestaltung und Umsetzung komplett den Laien überlasse.

Wieder geht es um Diplomatie und Balance für die 49-Jährige, die zunächst auf fünf Jahre eingestellt wurde und natürlich auch Einnahmen generieren muss. Und da könne es schon passieren, dass Museumsräume zeitweilig an Firmen oder Privatiers vermietet würden. „Wenn konservatorisch nichts dagegen spricht, ist das im Museumsgewerbe durchaus üblich“, sagt Dauschek. Problematisch findet sie das nicht.

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