Neuer Telekommunikationsanbieter: Der Netzanwärter

Das Mobilfunkgeschäft in Deutschland teilen drei Unternehmen unter sich auf. Nun will ein neuer Anbieter auf den Markt. Der hat schlechte Karten.

Liquid Broadband will vor allem kleine Funkstationen, sogenannte Netstations, aufstellen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Telekom? Gutes Netz, aber teuer. O2-Telefónica? Schlechtes Netz, aber billig. Vodafone? Der Kompromiss.

Wenn es darum geht, einen Mobilfunkvertrag abzuschließen, sind die Grenzen zwischen den Anbietern hierzulande klar abgesteckt. Vor allem, nachdem Telefónica in diesem Jahr den kleinsten Anbieter E-Plus übernommen hat. Doch nun will ein neuer Akteur den Markt aufrollen. „Liquid Broadband“ heißt er und wenn es nach dem Unternehmen geht, sollen in wenigen Jahren die ersten Kunden über sein Netz telefonieren. Ein Netz, das es derzeit noch nicht gibt. Und das – im Gegensatz zu dem anderer Anbieter – auf Dezentralität setzt.

„Wir wollen die Bürger einbeziehen“, sagt die Vorstandsvorsitzende Beate Rickert. Die Idee: Statt wie andere Anbieter auf große Mobilfunkantennen zu setzen, will Liquid Broadband vor allem kleine Funkstationen, sogenannte Netstations aufstellen. Die sollen in Privathaushalten, Unternehmen und öffentlichen Gebäuden stehen und immer nur einige hundert Meter funken, sodass eine gute Abdeckung erst durch die Masse entsteht.

Nur außerhalb von Ballungsräumen soll es zusätzlich größere Stationen geben. Praktischer Nebeneffekt für das Unternehmen: Es dürfte deutlich günstiger und schneller gehen, ein derart gestaltetes dezentrales Netz aufzubauen, als in große Mobilfunkmasten zu investieren. Zudem könnte das Unternehmen sein Netz nach und nach aufbauen – je nachdem, in welchen Regionen die neuen Frequenzen frei werden.

Frequenzen werden versteigert

Auch für das Henne-Ei-Problem – ohne Verbraucher, die sich eine Box hinstellen kein Netz, ohne Netz keine Nutzer – hat das Unternehmen eine Lösung: Wer ein Gerät aufnimmt, soll Vorteile, wie einen günstigeren Tarif bekommen, zudem sollen die Boxen zumindest für den Anfang kostenlos abgegeben werden. Darüber hinaus ist die Firma laut Rickert dabei, ein gesellschaftsrechtliches Beteiligungsmodell zu entwickeln, sodass Nutzer sich auch über die Hardware hinaus einbringen könnten – ein weiteres Element von Kundenbindung.

Doch bevor sich die ersten Nutzer Netzboxen in die Wohnungen stellen können, muss das Unternehmen eine Hürde nehmen: die Vergabe neuer Mobilfunkfrequenzen. Geplant ist derzeit, frei werdende Frequenzen unter anderem aus dem Fernsehnetz zu versteigern. Auf diesem Weg kämen das oder die finanzstärksten Unternehmen zum Zug – und ein Neueinsteiger hätte es gegen Branchengrößen wie die Telekom oder Telefónica schwer. Rickert fordert daher, einen Teil des Frequenzspektrums von der Auktion auszunehmen – und für neue Akteure zu reservieren. Sonst würde es zu dem „üblichen Mechanismus“ kommen, dass große, bereits am Markt aktive Anbieter, einen Neueinsteiger hinausbieten.

Ilja Braun, Referent für Telekommunikation beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) glaubt, dass ein zusätzlicher Anbieter dem Mobilfunkmarkt gut tun könnte. „Es ist auf jeden Fall wünschenswert einen vierten Akteur zu haben.“ Mit der Übernahme von E-Plus durch Telefónica sei gerade das Unternehmen vom Markt verschwunden, dass in der Vergangenheit am ehesten mit niedrigen Preisen vorgeprescht sei.

Mit nur drei Mobilfunkunternehmen und zusätzlich der Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone gebe es schon „bedenkliche Monopolisierungstendenzen“. Dass ein auf Dezentralität aufgebautes Netz durchaus funktionieren könne, habe sich etwa beim WLAN gezeigt.

Kein Wunsch nach Konkurrenz

Bei aller Betonung von Bürgernähe bleibt eines bislang jedoch völlig im Dunkeln: Wer genau hinter der Initiative steckt. Das Unternehmen hat für die Gründung eine auf Vorrat gegründete Gesellschaft übernommen – ein übliches Vorgehen, wenn es schnell gehen soll. Bekannt sind bislang nur zwei Namen: Neben der Vorstandsvorsitzenden Beate Rickert, die zuvor unter anderem Leiterin des Bereichs Regulierung bei Kabel Deutschland war, ist das der Aufsichtsratsvorsitzende Markus Gloy.

Er ist Geschäftsführer der NC Group, einem Unternehmen, das unter anderem Dienstleistungen im Mobilfunksektor anbietet. „Erfahrene Mittelständler aus dem Telekommunikationssektor“, so formuliert es die Firma selbst, steckten hinter Liquid Broadband. Rickert erklärt die Geheimhaltung so: „Es gibt Beziehungen am Markt, die mit einer Offenlegung vermutlich leiden würden.“

Ganz sicher, dass das neue Unternehmen es schafft, sind sich also auch seine Unterstützer nicht. Und auch Verbraucherschützer Braun geht davon aus, dass der Neue es schwer haben wird. Die großen Anbieter hätten ein starkes Interesse daran, keinen neuen Konkurrenten auf den Markt zu lassen.

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