Neuer Verfassungsschutzbericht: Der Neue sorgt für Zunder

Zum letzten Mal stellt der scheidende Verfassungsschutzchef Heinz Fromm den jährlichen Bericht vor. Der Termin ist überschattet von seinem umstrittenen Nachfolger.

Sieht nicht so dankbar aus, dass er hier ist: Heinz Fromm (li.) stellt mit Innenminister Friedrich den jährlichen VS-Bericht vor. Bild: dapd

BERLIN taz | Normalerweise ist die Vorstellung des jährlichen Verfassungsschutzberichts vor der Bundespressekonferenz in Berlin ein mittelmäßig spannender Termin. Doch wenn ein Mann, der 12 Jahre lang an der Spitze des Verfassungsschutzes stand und in einer beispiellosen Krise nun vorzeitig das Amt verlässt, zum letzten Mal diesen Bericht vorstellt, ja dann sieht die Sache etwas anders aus.

Wer aber von Heinz Fromm zum Abgang einen emotionalen Auftritt erwartete, wurde am Mittwoch enttäuscht. Kurz lächelte er verkniffen, als Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dem scheidenden Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz für seine Arbeit dankte. Später sagte der 64-jährige Jurist auf die Frage, wie er sich fühle: „Ich bin froh und dankbar, dass ich noch den Bericht für das Jahr 2011 vorstellen darf.“ Und das tat er dann auch.

Die größte Gefahr, so Fromm, drohe einerseits nach wie vor durch den islamistischen Terrorismus. Andererseits sei bedenklich, dass die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten weiter gewachsen sei. Dafür hätten aber zumindest die rechtsextremen Parteien an Mitgliedern verloren. Die Journalisten wollten freilich nicht nur wissen, um wie viele Hundert die Zahl dieser oder jener Extremisten gestiegen ist, sondern vor allem, wie es mit dem Verfassungsschutz grundsätzlich weitergehen soll.

Die Bedrohungen nehmen ab

Die Antwort auf diese Frage übernahm Innenminister Friedrich. Er räumte ein, dass nach der Affäre um die Schredderei potenziell für die NSU-Ermittlungen relevanter Akten im Verfassungsschutz das Vertrauen in das Amt schwer beschädigt sei.

„Aber die Bedrohungen durch Extremismus und Terrorismus nehmen eher zu als ab“, so Friedrich. Deshalb sei ein „Frühwarnsystem“ in Form des Verfassungsschutzes ein „unverzichtbarer Pfeiler unserer Sicherheitsarchitektur“. Es gehe nicht um eine Abschaffung, sondern eine Reform, deren Eckpunkte nun erarbeitet würden.

Überraschend zeigt sich Friedrich dabei nun doch offen für Vorschläge, einzelne der 16 Landesämter für Verfassungsschutz zusammenzulegen. Das hatte er in den letzten Tagen noch vehement abgelehnt, am Mittwoch sagte er jetzt, man könne die Idee von Christine Lieberknecht (CDU) mit den Ländern besprechen. Die Thüringer Ministerpräsidentin hatte angeregt, dass mehrere ostdeutsche Länder ihre Verfassungsschutzämter zusammenlegen, aber auch das Saarland und Rheinland-Pfalz kämen für eine Behördenfusion in Frage.

Auf den Neuen an der Spitze des Bundesamts für Verfassungsschutz ging Friedrich am Mittwoch zunächst nur erstaunlich knapp ein. Er verkündete nur kurz, dass der Jurist Hans-Georg Maaßen aus dem Bundesinnenministerium am Morgen vom Kabinett zu Fromms Nachfolger bestimmt worden sei.

Dabei hatte die Presse seit zwei Tagen bereits äußert kritisch über Maaßens Rolle in der Affäre um den unschuldig in Guantánamo internierten Deutschtürken Murat Kurnaz aus Bremen berichtet. Linke und Grüne warfen Maaßen vor, im Herbst 2002 als damaliger Referatsleiter für Ausländerrecht im Innenministerium die vorzeitige Entlassung Kurnaz’ verhindert zu haben, weil er ihm nach sechs Monaten im Ausland das Rückkehrrecht nach Deutschland absprach; dass Kurnaz alles andere als freiwillig auf Guantánamo war, störte dabei nicht. Erst 2006 kam Kurnaz frei.

Nur auf mehrere Nachfragen, ob Maaßen wegen der Affäre wirklich der geeignete Kandidat sei, platzte es am Mittwoch aus Friedrich heraus. Er finde es „dreist und unglaublich“, wenn nun gerade die Grünen versuchten, die Verantwortung für das Vorgehen im Fall Kurnaz abzuwälzen. Diese habe bei der damaligen rot-grünen Regierung gelegen und nicht bei einem Beamten. „Maaßen ist ein ausgewiesener Experte und brillanter Jurist“, so Friedrich. In seinen Augen habe er auch das, was man für die nun anstehenden Reformen beim Verfassungsschutz brauche: „Die nötige Durchsetzungskraft.“

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